Haushaltsrede von Stephan Kober, Kreistagsgruppe Rems-Murr Haushaltsrede vom 14.11.2016

19. Dezember 2016  Haushaltsreden/-anträge, Kreistage

liebe Damen und Herren der Kreisverwaltung,
sehr geehrte Gäste und Vertreter der Presse,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Kreistags,
Wenn ich richtig gezählt habe, haben Sie bis jetzt sechs Haushaltsreden gehört. Ich spüre
formlich Ihre Spannung, wie Sie der nächsten Rede entgegenfiebern. Ich hoffe, dass ich
Ihren Erwartungen entsprechen kann. Das wesentliche Vorzeichen bei der Diskussion des
vorgelegten Haushaltsentwurfs heißt in diesem Jahr wieder Konsolidierung.
Aber in dieser Situation kommen wir nicht ohne einen Blick über den Tellerrand aus. Wir
müssen unsere Probleme hier vor Ort in Zusammenhänge einordnen. Haben Sie bitte die
Geduld für drei grundsätzliche Anmerkungen bevor ich dann zu unseren 4 Anträgen zu
kommen.
1. Wir sind – auch laut Bundeskanzlerin – tatsächlich ein reiches Land.
Das Volkseinkommen ist in den letzten zehn Jahren bei gleich bleibender Bevölkerungszahl
um viele Hundert Milliarden EURO gestiegen. Doch in den Kommunen kommt davon
nichts an! Fachleute haben errechnet, dass ohne die Steuergeschenke in den letzten zehn
Jahren ca. 30 Milliarden EURO mehr in den Kassen der Kommunen angekommen wären.
2. Es gibt zunehmende Verstöße gegen das Konnexitätsprinzip.
Die Welt ist aus den Fugen geraten. Klimaerwärmung, Kriege, Hungersnöte und von unglaublichem
Hass geprägte Terroranschläge zwingen immer mehr Menschen dazu, ihre
Heimat zu verlassen und zu flüchten. Auch wenn es unbequem ist, müssen wir uns immer
wieder vor Augen führen, dass auch Deutschland einen großen Anteil daran hat, dass immer
mehr Menschen aus den Krisenregionen flüchten. Lassen Sie mich Gregor Gysi mit
den Worten zitieren: „Wir leben auf Kosten der Dritten Welt und wundern uns, wenn das
Elend anklopft.“
– Deutschland ist weiterhin weit davon entfernt, die Zusagen bei der Entwicklungshilfe in
Höhe von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts einzuhalten.
– Europa zerstört durch eine sehr auf den eigenen Markt bedachte Agrarpolitik die Landwirtschaft
und damit die Lebensgrundlagen in vielen Ländern der Dritten Welt.
Die Liste ließe sich noch weiterführen. D.h. Viele Probleme werden international und national
ausgebrütet. Unterschiedliche Parteikonstellationen sind dafür verantwortlich. Aber in
den Kommunen müssen sie gelöst werden. Beispiele u.a. sind Hartz IV-Folgen, das Gesundheitswesen
und aktuell die Flüchtlinge. Die Kommunen haben die Aufgabenlast, Bund
und Länder drücken sich bei den Ausgaben. Diese Tatsache verschärft unsere Haushaltsprobleme
weiter.
3.Es gibt Keine kommunalpolitische Perspektive ohne eine grundsätzliche Verbesserung
der Kommunalfinanzen
Wir können uns hier den schwarzen Peter hin und her schieben auf der Suche nach dem
Schuldigen an der aktuellen Haushaltsproblematik. Ich schätze die Spielräume allerdings
nicht so ein, dass wir mit unserer „Hausmedizin“ allein zur nachhaltigen Gesundung kommen
werden. Ohne eine grundsätzliche Veränderung der Bedingungen der Kommunalfinanzen
wird es uns nicht gelingen, eine Verbesserung nachhaltig zu erreichen.
Kommen wir nun zu den Anträgen unserer Zählgemeinschaft:
Unser erster Antrag ist von der Sparkasse eine Gewinnausschüttung zu erheben.
Die Gewinnrücklagen steigen seit Jahren. Im Geschäftsjahr 2015 sind, neben den Rücklagen
in den Fond für allgemeine Bankrisiken von 509 Mio. EUR, insgesamt 354 Mio. EUR
Sicherheitsrücklagen angehäuft worden. Die Anhäufung der Gewinne entspricht jedoch
nicht dem gesetzlichen Auftrag dieser kommunalen Einrichtung. Die Gewinne der Sparkasse
sind kein Selbstzweck, sondern können und sollen nach dem Willen des Gesetzgebers
in einem angemessenen Umfang auch öffentlichen Zwecken zugeführt werden. Zumal
der Landkreis Rems-Murr – allein im Kreishaushalt – 79 Millionen Euro Schulden hat,
deren Zinsen aus dem Steueraufkommen der Bürger bezahlt werden müssen bzw. über
die Kreisumlage von den Gemeinden mit zu finanzieren ist. Gleichzeitig trägt der Landkreis
als Schuldner der Sparkasse Rems-Murr mit seinen Zinszahlungen zum Gewinn der
Sparkasse bei. Selbst der nicht „linkslastige“ Rechnungshof sagt: „Angesichts angespannter
kommunaler Haushalte sollten die Kommunen der Frage nachgehen, ob und in welcher
Höhe die wirtschaftliche Gesamtsituation ihrer Sparkassen Abführungen zulässt“. Daher ist
der Verwaltungsrat gut beraten eine Gewinnausschüttung zu beschließen!
Der zweite Antrag betrifft das Sozialticket. Wir wollen dass der Kreistag den Landrat
auffordert, sich im Aufsichtsrat des VVS für die Erstellung eines zunächst nicht ausgabenwirksames
Konzeptes für ein VVS-weites Sozialticket zu beantragen. Mobilität und auch
Integration ist in einer modernen Gesellschaft Voraussetzung für die diskriminierungsfreie
Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben.
Dabei hört die Teilhabe nicht an Kreis- oder Gemeindegrenzen auf. Menschen mit geringem
oder ohne Erwerbseinkommen haben genauso einen Anspruch auf spezielle VVS-Tarife
wie z. B. auch Senioren oder Studenten.
Der dritte Antrag: „Keine VVS-Preiserhöhung 2018“ fordert den Landrat auf, im Aufsichtsrat
des VVS gegen eine Preiserhöhung zum 01.01.2018 zu stimmen. Eine weitere
Fahrpreiserhöhung würde von den Nutzern des ÖPNVs sowie von potentiellen Neukunden
als absolut nicht angebracht empfunden werden und von der weiteren Nutzung des ÖPNVs
abschrecken. Damit würde dem autobezogenen Individualverkehr weiterhin „Vorfahrt“
gegeben!
Der vierte Antrag „Kommunale Daseinsvorsorge schützen und nicht durch das Freihandelsabkommen
TTIP gefährden.“
Es gibt jetzt bei CETA eine Reihe von Zusatzerklärungen, die jedoch die Probleme, die im
CETA-Text liegen, überhaupt nicht beheben. CETA bleibt in der Substanz ein Abkommen,
das gefährlich ist für die Umwelt, für ArbeitnehmerInnen und für unsere Demokratie. Dies
darf uns bei TTIP nicht nochmal passieren. Auch wenn es duch die Wahlen in den USA
jetzt erst einmal stiller geworden ist, müssen wir uns doch positionieren!
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerkamkeit!


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