Haushaltsrede, DIE LINKE im Gemeinderat Vaihingen an der Enz am 18.12.2019.

Redner: Peter Schimke, es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Maisch,

sehr geehrter Frau Lerche sowie die weiteren Vertreter*innen der Verwaltung,

werte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,

sehr geehrte anwesende Zuhörer*innen,

vielen Dank an alle Beteiligten aus der Verwaltung, die an der Erstellung des 803 Seiten umfassenden Haushaltsplans für 2020 mitgewirkt haben.

Die Zahlen im Haushaltsplan 2020 sind eine Prognose für Ein- und Ausgaben der Stadt. Bei den Ausgaben sind es Pflichtaufgaben wie z.B. eine ausreichende Versorgung der Gemeinde mit Kinderbetreuungsplätzen. Aufgeführt werden auch die vom Gemeinderat beschlossen Investitionen und Ausgaben, wie z. B. der Bau einer neuen Sporthalle.

Frau Lerche hat als Leiterin des Finanzwesens der Stadt mit ihrem Team einen fast ausgeglichenen Haushalt vorgelegt.

Den geplanten Erträgen im Ergebnishaushalt von rd. 81,1 Mio. Euro, stehen geplante Aufwendungen über rd. 82,9 Mio. Euro gegenüber. Für einen ausgeglichenen Haushalt fehlen rd.  1,8 Mio. Euro oder rd. 2,2% (Stand 10.12.19).

Im Finanzhaushalt liegt der Gesamtbetrag der Einzahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit bei rd. 78,8 Mio. Euro, deren Ausgaben über rd. 75,9 Mio. Euro gegenüberstehen. Daraus ergibt sich ein Überschuss von rd. 2,9 Mio. Euro.

Im Haushaltsplan 2020 wird die sich eintrübende Wirtschaftskraft im Land ersichtlich. Diese führt zu einer Verringerung auf der Einnahmenseite.

Meine Vorredner*innen haben schon viele richtige Dinge zum Haushalt gesagt, die ich nicht wiederholen werde.

Unsere Flächenstadt mit ihren acht Teilorten hat mir rd. 30.000 Einwohner*innen ein Einnahmeproblem. Es gibt folgende drei Finanzquellen, um die Einnahmenseite zu verbessern:

  1. Gebühren und Beiträge für Dienstleistungen der Verwaltung
  2. Steuern (z.B. Grundsteuer, Gewerbesteuer, Hundesteuer ..)
  3. Finanzzuweisungen von Land und Bund

Um die Finanzsituation der Kommunen nachhaltig zu verbessern, bedarf es aus Sicht der Partei Die Linke eine auskömmliche Finanzierung durch Bund und Land.

Hier haben Sie als Stadträt*innen und als Mitglied ihrer Partei eine Aufgabe, sich dafür einzusetzen.

Wenn man den Verteidigungsetat fast verdoppelt, die Reichen weiter steuerlich entlastet, weiter an der schwarzen Null festhält, das Steueraufkommen zurückgeht, dann ist klar, dass das Geld in den Kommunen fehlt!

Hier müssen sie einen Politikwechsel einfordern, der die Rüstungsausgaben reduziert, Konzerne und Superreiche besteuert, Steuerschlupflöcher schließt und den neoliberalen Wirtschaftskurs beendet! Damit dies eintritt, sollten sie auf ihre Entscheidungsträger*innen auf Landes- und Bundesebene entsprechenden Einfluss nehmen! Das Geld ist vorhanden. Leider wird es aus Sicht der Partei Die Linke zu wenig für das Wohl unserer Mitmenschen ausgegeben.

Warum ist Bildung immer noch vom sozialen Stand der Eltern abhängig? Warum ist der Besuch von Kindergärten zur frühkindlichen Erziehung und Bildung nicht generell gebührenfrei? Warum ist der öffentliche Personennahverkehr in unserer Region so teuer? Warum gibt es in Ballungsgebieten kaum noch bezahlbaren Mietwohnraum? Warum werden wissenschaftliche Erkenntnisse bezüglich des Klimawandels nur unzureichend und im Schneckentempo umgesetzt? Um diese Fragen befriedigend zu beantworten und entsprechende Beschlüsse zu fassen, bedarf es einer mutigen Regierung im Land und im Bund!

Die Schere zwischen Arm und Reich geht auch bei uns in Vaihingen an der Enz immer weiter auseinander! Gerade Menschen mit kleinem Geldbeutel benötigen auch in unserer Stadt Unterstützung!

Der Zugang zu preiswertem Wohnraum und Mobilität für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen sowie für Haushalte mit Kindern müssen in dieser Situation unterstützt werden. Wohnen, gesunde Ernährung, die Teilhabe an Kultur und Mobilität sind Grundbedürfnisse von Menschen. Diese sind zu gewährleisten. Hier haben wir noch einen erheblichen Nachholbedarf. Kindergärten und Kindertagesstätten sind wichtige Bildungseinrichtungen und müssen genauso gebührenfrei sein, wie der Besuch unserer Schulen!

Wir haben es in der Hand, bei der Ausweisung von Neubaugebieten und dem Besitz von Grundstücken entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, damit der soziale Mietwohnungsbau wieder eine Chance bekommt.

Diesem Thema müssen wir uns im Jahr 2020 weiter stellen. Können wir z.B. durch die Stadtbau Vaihingen an der Enz oder in einer anderen Form hier helfend als Stadtrat tätig werden?

Bei Ausweisung neuer Baugebiete sollte der Stadtrat Grundstücke für den sozialen Geschosswohnungsbau bereitstellen, damit darauf bezahlbarer Mietwohnungsbau realisiert werden kann. Vorrang vor der Außenentwicklung hat für Die Linke jedoch die Innenentwicklung. Hier sollte bei Änderung der Bebauungspläne mehr Geschosswohnungsbau ermöglicht werden.

Werte Kolleg*innen, es wird Zeit, dass sich hier etwas bewegt!

Unsere Steuergelder sind dazu da, diese zum Wohle und im Sinne für unsere Bürger*innen einzusetzen. Dazu sollten wir verstärkt mit der Bürgerschaft in Dialog treten. Erste Schritte dazu sind gemacht. Ob bei der beschlossenen Ausrichtung der kleinen Gartenschau in den Enz-Auen zum Jahr 2029 oder bei großen Bauprojekten bedarf es einer Abstimmung zwischen Verwaltung, Gemeinderat, Bauträgern und unseren Bürger*innen in der Gemeinde. Durch die Einleitung des Leitbildprozesses mit der Befragung unserer Einwohner über den Haushaltsfragebogen ist dazu ein wichtiger Schritt gemacht worden.

Lassen sie mich noch ein Wort zum Stellenplan sagen. Dieser Stellenplan ist trotz eines Kapazitätsaufbaus gegenüber 2019 um 4,6% auf Kante genäht! Und das bei immer größerer Arbeitsbelastung und daraus resultierenden Überstunden für die städtischen Beschäftigten.

Der Grundsatz in der Personalbemessung sollte lauten: Gute Arbeit braucht gutes und ausreichendes Personal bei selbstverständlich guter tariflicher Bezahlung.

Zum Beispiel werden die Anforderungen an die Mitarbeiter*innen des Bauhofes und der Stadtgärtnerei durch die Erwartungen unserer Bürger*innen und durch die Klimaveränderung immer höher. Darauf muss personell reagiert werden!

Der Vaihinger Haushalt könnte aus linker Sicht ein Mehr an Sozialem vertragen. Dazu müsste sich die Einnahmesituation der Gemeinde z.B. durch einen höheren Prozentsatz an der Einkommenssteuer merklich verbessern.

Nach Abwägung stimme ich den Punkten 1, 3 bis 6 der Drucksache 307/4/19 zum Haushaltsplan der Stadt Vaihingen für das Haushaltsjahr 2020 zu. Den Punkt 2 der Drucksache, mittelfristige Finanzplanung über 4 Jahre, lehne ich zum jetzigen Zeitpunkt ab.

Um längerfristig planen zu können, benötigen wir auf Bundesebene eine verlässliche Regierung. Die Große Koalition ist das nach meiner Einschätzung nicht! Um gegen die explodierenden Miet- und Baupreise vorgehen zu können, bedarf es auf Bundes- und Landesebene ein entsprechendes Konjunkturprogramm zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus und Erleichterungen in der Bauordnung. Die Festsetzung des Fortschreibungszeitraus halte ich für zu lange. 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Maisch, ich beantrage, dass über den Punkt 2 -Finanzplanung für 2019 bis 2023 – der Drucksache 307/4/19 getrennt abgestimmt wird.

Zum Schluss von meiner Seite noch einen Dank an alle Mitglieder des Rates und der Verwaltung für die in 2019 geleistete guten Zusammenarbeit.

Weiter bedanke ich mich bei allen ehrenamtlich Tätigen in unserer Stadt, da sie mit ihrem wertvollen Engagement 2019 in vielen Bereichen sich zum Wohl unserer Mitmenschen eingesetzt haben.

Dazu gehört natürlich das Rettungswesen, die Feuerwehr, die Kirchen, die Sozialstation und alle Vereine. Ohne dieses ehrenamtliche Engagement würde ein erhebliches Mehr an Ausgaben den Haushalt belasten.

Allen Anwesenden wünsche ich frohe Festtage und einen guten Start ins neue Jahr!

Frei nach dem Ex-Fußballtrainer Trapattoni vom FC-Bayern München: Ich habe fertig!

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!