Musteranfrage für Kommunen und Landkreise zur gesetzlichen Bleiberechtsregelung

17. Juni 2020  Anfrage, Flüchtlinge

Die LAG Migration-Antirassismus der Partei DIE LINKE Baden-Württemberg und Seán McGinley vom Flüchtlingsrat
Baden-Württemberg schlagen kommunale Initiativen zum Bleiberecht
Geflüchteter vor. Sie richtet sich u.a. an die die Kommunen und
Landkreise, die sich zu „sicheren Häfen“ erklärt haben. Diese Initiative
kommt zum Stocken, da die Aufnahme von Flüchtlingskontingenten in erster Linie Bundessache und dann Ländersache ist. Als Beispiel sei nur die
beschämende Anzahl 47 Minderjährigen genannt, die Deutschland aus den
griechischen Geflüchtetenlagern aufgenommen hat. Von den im Mittelmeer
Geretteten kommen auch keine in unsere „sicheren Häfen“.

Wir schlagen nun vor, dass der Blick auch auf die Geflüchteten gerichtet
wird, die schon in unseren Kommunen und Landkreisen leben. Seit 2017
gibt es von der Landesregierung die gesetzliche Bleiberechtsregelung.
Über das Bleiberecht können die örtlichen Ausländerbehörden entscheiden.
Dazu bitten wir euch, Anfragen und Anträge zu stellen. Dabei könnt ihr
euch gut mit den örtlichen Migrant*innen-, Menschenrechts- und
Flüchtlingsinitiativen sowie bspw. mit der Diakonie vernetzen, um
weitere Aspekte einzubringen. Wenn die Antwort der Kommune/dem Landkreis da ist, könnt ihr dann anhand konkreter lokaler Fälle mit den
Organisationen gemeinsam die Themen u.a. in den Medien plazieren.

Warum „sicherer Hafen“ für Geflüchtete, die schon hier sind? Dazu ist
wichtig zu wissen, dass bei den Sammelabschiebungen die überwiegende
Anzahl Abgeschobenen seit 2015 und früher in Deutschland gelebt haben.
Die meisten von ihnen kamen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Die letzte
Sammelabschiebung vor zwei Wochen betraf erstmals Menschen aus Georgien (26 aus Baden-Württemberg).

Unten findet ihr eine Musteranfrage zur gesetzlichen
Bleiberechtsregelung, die Seán McGinley entworfen hat. Diese ist recht
ausführlich. Solltet ihr eine Anfrage oder Antrag stellen, informiert
die LAG und den Flüchtlingsrat bitte darüber und den Verlauf.
(info@fluechtlingsrat-bw.de goekay.akbulut@bundestag.de  
rudolf.buergel@dielinke-ka.de)

Seán McGinley steht euch gerne für Fragen zum Hintergrund einzelner
Punkte der Anfrage zur Verfügung (mcginley@fluechtlingsrat-bw.de).

Ansonsten könnt ihr euch an die LAG oder den Flüchtlingsrat bei Fragen
wenden.

Mit solidarischen Grüßen

Gökay Akbulut und Rudolf Bürgel

Musteranfrage zur gesetzlichen Bleiberechtsregelung

Laut einem Beschluss der Landesregierung vom April 2017 müssen die Ausländerbehörden über die gesetzlichen Bleiberechtsregelungen für gut integrierte Geduldete aufklären. Mit dieser Frage soll die Umsetzung dieser Anweisung und ihre Wirksamkeit erfragt werden.

1. Auf welche Art werden Menschen durch die Ausländerbehörde Gemeinde, Stadt, Landkreis hier einfügen auf die Bleiberechtsregelung hingewiesen (z.B. Informationsblätter, mündliche Erläuterung)?

2. Auf welche Art wurde das Personal der Ausländerbehörde darauf vorbereitet, entsprechend dem Beschluss der Landesregierung über die Bleiberechtsregelungen aufzuklären (z.B. Dienstanweisungen, Informationsmaterialien, Fortbildungen)?

2. Werden alle Geduldeten bei Vorsprachen oder Duldungsverlängerungen auf die Bleiberechtsregelung hingewiesen oder ausschließlich ein bestimmter Personenkreis? Fall Letzteres zutrifft: Um welchen Personenkreis handelt es sich?

3. Wird im Rahmen dieser Hinweise seitens der Ausländerbehörde auch auf weitere Möglichkeiten (zum Beispiel die Ausbildungsduldung, Beschäftigungsduldung oder Härtefallregelung) hingewiesen oder ausschließlich auf die Bleiberechtsregelungen nach §§ 25a und 25b AufenthG?

4. Wie viele Personen wurden auf dieser Weise seit April 2017 informiert?

5. Wie viele von diesen Personen haben seitdem eine Aufenthaltserlaubnis beantragt? In wie vielen dieser Fälle wurde die Aufenthaltserlaubnis erteilt, in wie vielen Fällen wurde der Antrag abgelehnt und in wie vielen Fällen steht die Entscheidung noch aus?

6. Wie viele Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a wurden jeweils in den Jahren 2016, 2017, 2018 und 2019 bei der Ausländerbehörde Gemeinde, Stadt, Landkreis hier einfügen gestellt? In wie vielen dieser Fälle wurde die Aufenthaltserlaubnis erteilt, in wie vielen Fällen wurde der Antrag abgelehnt und in wie vielen Fällen steht die Entscheidung noch aus?

7. In wie vielen Fällen wurden jeweils in den Jahren 2016, 2017, 2018 und 2019 gegen die Ablehnung von Anträgen auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG oder § 25b AufenthG Widerspruch oder Klage eingelegt? In wie vielen dieser Fälle waren Widerspruch oder Klage erfolgreich, in wie vielen Fällen waren sie erfolglos und in wie vielen Fällen steht die Entscheidung noch aus?

8. Wie viele Personen leben aktuell in Gemeinde, Stadt, Landkreis hier einfügen, denen eine Duldung erteilt wurde (bitte nach Geschlecht, Aufenthalt seit mehr oder weniger als drei, vier, fünf, sechs, acht, zehn, zwölf und 15 Jahren, nach Alter (0 bis 14, 14 bis 21 und älter als 21 Jahre) und den zehn wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)

9. Wie viele Personen leben aktuell in Gemeinde, Stadt, Landkreis hier einfügen, denen eine Aufenthaltserlaubnis infolge der Härtefallregelung nach § 23a AufenthG erteilt wurde und wie viele von ihnen erhielten diesen Status erstmalig jeweils in den Jahren 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020?

10. Wie viele Personen leben aktuell in Gemeinde, Stadt, Landkreis hier einfügen, denen eine Ausbildungsduldung nach § 60a II S. 4 AufenthG erteilt wurde und wie viele von ihnen erhielten diese erstmalig jeweils in den Jahren 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020?

11. Wie viele Personen leben aktuell in Gemeinde, Stadt, Landkreis hier einfügen, denen eine Beschäftigungsduldung nach § 60d AufenthG erteilt wurde?