Nachhaltige Flächenversiegelung?

Der Reutlinger Gemeinderat beschloss am 28.02.2023 „Leitlinien für die künftige Gewerbeflächenentwicklung“. Der folgende Text entspricht weitgehend dem Redebeitrag von Rüdiger Weckmann im Reutlinger Gemeinderat.

Künftiges Gewerbegebiet auf Mittelstädter Gemarkung?

In der Begründung der Leitlinien heißt es: Der Beschluss „bietet letztlich auch eine Perspektive auf in Zukunft nachhaltig steigende Gewerbesteuereinnahmen, auf die notwendige Erschließung höherer Eigenfinanzierungsmittel für die Stadt und letztlich auf die Reduzierung der bestehenden strukturellen Unterfinanzierung.“

Warum dieser Weg eingeschlagen werden soll, macht ein Zitat des OB Thomas Keck deutlich:
„Solange die sogenannte große Politik in Deutschland nicht aus den Puschen kommt und sich bemüht, die Finanzierung der Städte und Gemeinden in Deutschland auf neue Beine zu stellen, so lange werden wir angewiesen sein auf die Erträge aus der Grund-, der Gewerbe- und der Einkommenssteuer. Und so lange bleibt uns gar nichts anderes übrig, als uns um Gewerbe- und Industrieansiedlung zu bemühen.“ (GEA vom 24.11.2022)
Das heißt, wir werden von der Bundespolitik gezwungen etwas Falsches zu machen.
Falsch ist es, angesichts des eingesetzten Klimawandels weitere Flächen zu versiegeln. Das ist nicht nachhaltig. In der Verwaltungsvorlage wird die „Neue Leipzig Charta“ zitiert. Was daraus nicht zitiert wird, ist die dortige Forderung nach Reduzierung der Flächeninanspruchnahme.
Nachhaltig für die Finanzen der Stadt – so die Begründung der Vorlage – sind steigende Gewerbesteuereinnahmen durch die Gewerbeflächenentwicklung.
Da unsere Flächen endlich sind, also nicht vermehrbar, stößt dieses Konzept auf Dauer auf physikalische Grenzen. Deshalb kann man von keiner langfristigen Nachhaltigkeit sprechen.
Denn spätestens wenn diese Grenzen erreicht sind – und man kann mit Fug und Recht begründen, dass dies bereits heute der Fall ist, braucht es ein anderes Konzept, die städtischen Finanzen zu steigern.
Solche Überlegungen finden wir in der Vorlage nicht. Ebenso wenig finden wir den eingangs zitierten Hinweis, dass uns die Bundespolitik zum fortgesetzten Flächenverbrauch zwingt.
Dies zu kommunizieren halten wir für dringend erforderlich, auch deshalb, weil die protestierende Jugend, die sich um ihre Zukunft sorgt, wissen muss, wer der Adressat ihrer berechtigten Forderungen ist.

Positiv beurteilen wir die Bemühungen Innenentwicklungspotentiale zu ermitteln, hier insbesondere das Gewerbegebiet Laisen. Alle Optionen der Innenentwicklung zu prüfen, bevor im Außenbereich weitere Flächenversiegelungen geplant werden, ist die Forderung unseres Antrags, der nun exakt 3 Jahre alt ist.
Da in der Vorlage von „bis zu 50 ha“ Gewerbegebiete die Rede ist, diese Marke also auch unterschritten werden kann, zumal Entscheidungen erst im Bauantragsverfahren nach Umweltprüfungen fallen, besteht die Hoffnung, dass die geplante Flächenversiegelung nicht in diesem Umfang erfolgen wird.
Als Stadträte der Linken Liste haben wir auf Grund unserer grundsätzlichen Bedenken nicht zustimmen können und uns statt dessen enthalten.

Leitlinien für die künftige Gewerbeflächenentwicklung