Zollernalbkreis – Redebeitrag zum Haushalt 2020

Andreas Hauser hält im Kreistag am 9.12.2019 seine Redebeitrag zum Haushalt 2020

Sehr geehrter Herr Landrat, sehr verehrte Verwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren!Meinen Vorrednern schließe ich mich mit Worten des Dankes und der Anerkennung gegenüber Ihnen, Herr Landrat Pauli und der Kreisverwaltung für die gute handwerkliche Arbeit an. Dass öffentliche Haushalte in ihrem Volumen von Jahr zu steigen, liegt in der Natur der Sache wie Steigerungen bei Löhnen, Verbraucherpreisen und Mieten, oder auch in die Gesamtheit der Wirtschaftsleistung, dem Bruttoinlandsprodukt. Es gibt also weder Anlass für Euphorie noch für Dramatik, wenn der nun zu beschließende Haushalt 2020 der größte in der Geschichte des Landkreises ist. Es ist schlicht normal so und ein Minus müsste uns alle aufschrecken lassen. Ja, es stimmt. Der Zollernalbkreis tut viel und engagiert sich in nicht wenigen Bereichen geradezu vorbildlich.

Beispielhaft unter vielem seien die Investitionen in die Bildungslandschaft und in den Klimaschutz genannt. Aber zum Thema Bildung gehört auch das Thema Schülerbeförderung. Für ärmere Haushalte stellen diese eine hohe Belastung dar. Zu Investitionen in die Bildung gehören auch erträgliche Mobilitätskosten. Der benachbarte Landkreis Tübingen macht es vor und reduziert den Eigenanteil von 40 auf 25 Euro. Neu progressive Mehrheiten machen es möglich! Und der Zollernalbkreis? In dieser Hinsicht Fehlanzeige.2020 und darüber hinaus stehen große finanzielle Herausforderungen an, allen voran sei das Thema Zollernalbklinikum erwähnt. Es darf aber nicht so kommen, dass diese Aufgaben auf dem Rücken der hilfebedürftigen Menschen ausgetragen werden.Wenn Aufgaben zu tun sind, müssen sie auch gemacht werden. Wenn der Zollernalbkreis progressiv sein will, dürfen wir uns nicht auf das primitive und von allerlei dummen Geschwätz geprägte Niveau der „schwarzen Null“ herablassen. Das Landratsamt platzt zweifellos aus allen Nähten und benötigt dringend weitere Räumlichkeiten. Als Not-und Zwischenlösung sollen nun die Forstleute zusammen mit etwa 12 bis 15 Mitarbeitenden der ForstBW, zuständig für den Staatswald, in der Meßstetter Kaserne untergebracht werden. So weit so gut. Mag sein, dass es schwierig ist, Alternativen zu finden. Es hat aber zwei große Haken, die nicht verschwiegen werden dürfen. Die großen Entfernungen erhöhen die Pendel-und Einsatzfahrstrecken erheblich und die direkt benachbarte Stadt Albstadt als großer Waldbesitzer macht gar nicht mit. Diese Konstellation ist nur wenig klimafreundlich, es ist auch schwer vorstellbar, dass die betroffenen Forstleute diese Idee gut finden, was auch eine Rolle bei der Bewertung spielen sollte. Der zweite Haken ist die dahinter liegende politische Geschichte. Das Fehlverhalten der Landesregierung, Meßstetten bei der Nachnutzung des Kasernenareals im Stich zu lassen, ist mit diesem allenfalls als symbolisch zu wertenden Akt keineswegs vom Tisch, wie es das Land vielleicht gerne hätte. Wir dürfen nicht nachlassen, diese Tragödie immer wieder zu nennen und in die Medien zu bringen. Wir müssen die Landesregierung so lange nerven, bis ein angemessenes Angebot gemacht wird.Herr Landrat Pauli, Herr Sozialdezernent Link, es ist gut und notwendig, dass Sie nun auch den Blick verstärkt auf die Menschen richten wollen, denen es nicht gut geht und die sich nicht selbst helfen können. Die Erstellung eines Armuts-und Sozialberichts ist ein wichtiger, aber auch längst überfälliger Schritt. Allerdings kommt es nun darauf an, die gegebene Realität aufrichtig zu erfassen und sich nicht davor zu scheuen, einen sich daraus ergebenden Handlungsbedarf aufzugreifen, auch wenn dieser Geld kostet anstatt Probleme schön zureden oder zu ignorieren. Es bedarf wohl keiner prophetischen Begabung, einige Ergebnisse exemplarisch schon vorherzusehen. So besteht im Landkreis schon lange ein Mangel an präventiven und aufsuchenden Hilfsangeboten im Bereich der Wohnungslosenhilfe, einkommensarme Haushalte sind mangels Sozialtarife in der Nutzung des ÖPNV einschränkt und Alleinerziehende landen viel zu oft in der zermürbenden Mühle des Hartz IV-Systems.Allerdings –und das soll auch in aller Deutlichkeit gesagt werden –braucht es auch eine konsequentere Haltung der LIGA der freien Wohlfahrtspflege, ein aktiveres Einfordern von Leistungen des Landkreises zur Linderung bestehender wie aufkommender Notlagen. Viel zu oft wird dort eine übertriebene Zurückhaltung gepflegt und offensichtlich notwendige Forderungen für sich behalten oder drumherum geredet, warum auch immer, das lasse ich mal dahin gestellt. Es würde aber auch nichts gegen eine proaktivere Haltung des Landkreises sprechen.Es ist richtig, dass die Ausgaben für Jugend und Soziales den größten Batzen im Haushalt ausmachen. Dies ist aber in allen Landkreisen so, ist keine Besonderheit im Zollernalbkreis und geht auf klare gesetzliche Vorgaben zurück. Es ist mitnichten so, dass daraus ein besonderes soziales Engagement abzuleiten ist. Im Bereich der Jugendhilfe wurde durch den Kommunalverband für Jugend-und Soziales schließlich ein hoher Nachsteuerungsbedarf attestiert. Es ist immer besser Versäumnisse gar nicht erst aufkommen als sich dies von außen aufzeigen zu lassen. Das freiwillige soziale Engagement des Zollernalbkreises hat noch viel Spielraum nach oben. Dabei muss ein solches unter dem Strich nicht immer mehr kosten, wie ein Blick auf das Sozialkaufhaus Domiziel zeigt. Hier übersteigen die Einsparungen bei Ausstattungsbeihilfen in den Rechtskreisen Hartz IV und Sozialhilfe den Unterstützungsbetrag des Landkreises deutlich. Dazu kommt, dass Förderung guter Ansätze oft auch anderweitige Finanzierungsbeiträge mobilisieren.Umgekehrt drängt sich einem der Eindruck auf, dass im Sozialbereich besonders scharf nach Kürzungen gesucht wird, oder wie sonst läßt sich das Zusammengestreiche bei den Erhöhungsanträgen zur Refinanzierung bei den freien Trägern erklären?Mit Blick auf die „einfach mal so“ für 2020 in Aussicht gestellte Förderung einer neuen Handballarena in Höhe von 1 Mio. € als ersten Schritt -und zwar ganz ohne Gefeilsche und Zusammengestreiche drängen sich hier schon ein paar ernste Gedanken in Richtung Missverhältnis auf. Zum Jahresbeginn tritt eine Revision des Wohngeldgesetzes in Kraft. Der Zollernalbkreis lehnt sich bei der Bemessung der Mietrichtwerte in den Rechtskreisen SGB II („Hartz IV“) und SGB XII (Sozialhilfe) an diese Werte an. Das neue Wohngeld bringt gewisse, wenn auch überschaubare Erhöhungen mit sich, die rasch auch in die Richtwerte und somit in das Verwaltungshandeln einfließen müssen. Für Hechingen, Haigerloch, Rangendingen und Jungingen soll ja in Kürze ein qualifizierter Mietspiegel vorliegen, der dort die Datenbasis dazu liefert. Mit Inkrafttreten der dritten Stufe des Bundesteilhabegesetzeskommen auf den Landkreis deutlich erweiterte Aufgaben zu, sowohl in der Hilfebedarfsermittlung wie auch im viel weiter gefassten Beratungsauftrag. Es darf stark bezweifelt werden, ob die eher überschaubar gehaltene Personalaufstockung hierzu ausreicht. Hier wird wohl unterjährig nachgesteuert werden müssen. Besondere Kritik gilt dem Verhalten des Landes, das die Landkreise bei der finanziellen Lastenverteilung geradezu im Stich lassen möchte. Die LINKE steht in dieser Frage, wie auch in der Frage der Kostenerstattung für die Anschlussunterbringung Geflüchteter eindeutig hinter den Landkreisen. Sie werden gemerkt haben, dass die genannten Punkte denen der letzten Jahre sehr ähnlich sind.Ein schlechtes Zeichen! Trotzdem stimmt auch der LINKE dem Haushalt 2020 zu!Noch gerade mal so……Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit gegenüber diesen teils recht kritischen Anmerkungen.