Antrag von SÖS/DIE LINKE zur Wohnungsnot in Stuttgart

30. April 2013  Antrag, Gemeinderäte, Soziales, Wohnen

Antrag der Fraktionsgemeinschaft SÖS und LINKE im Stuttgarter Gemeinderat zum Thema Wohnungsnot und sozialem Wohnungsbau.

Antrag vom 30.04.2013 Nr.
Eingang bei L/OB:
Datum: Uhrzeit:
Eingang bei: 10-2.1
Datum: Uhrzeit:
Antrag
Stadträtinnen/ Stadträte – Fraktion
SÖS und LINKE Fraktionsgemeinschaft
Betreff
Wohnraumversorgung ist Aufgabe kommunaler Daseinsvorsorge
In Stuttgart herrscht Wohnraumnot. Die Mieten explodieren und immer mehr Menschen
werden durch Spekulation und Mietwucher aus ihrem Wohnumfeld verdrängt. Einer
wachsenden Stadtbevölkerung steht ein quantitativ und qualitativ unzureichendes und
teures Wohnraumangebot gegenüber. Das Pestel-Institut sieht in einer Studie von 2012 ein
Wohnraumdefizit von 8.000 Wohneinheiten in Stuttgart, das Statistische Landesamt in der
regionalen Wohnbedarfsvorausrechnung aus dem Jahr 2011 ein Defizit von 16.000
Wohnungen.
Gleichzeitig hat die wirtschaftliche Not vieler Haushalte in der Stadt in den Jahren seit der
Finanzmarktkrise 2008 und aufgrund der deutlichen Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse
stark zugenommen. 15 Prozent der Stadtbevölkerung gelten als armutsgefährdet.
Wohnraumnot wird so für viele Menschen zur existenziellen Bedrohung, denn viele wenden
bereits heute 50 % und mehr ihres verfügbaren Haushaltseinkommens für das Wohnen auf.
Neuer Wohnraum entsteht aber noch immer vorwiegend in privilegierter und
flächenintensiver Bauweise, anstatt in anspruchsvollem Geschosswohnungsbau. Bauland
wird so verschwendet. Die städtischen Wohnraumförderprogramme bringen Jahr um Jahr
viel Wohneigentum und wenig bezahlbaren Mietwohnraum hervor. Die Folge ist, dass
Belegungsrechte der Stadt rapide verfallen. 3.300 Haushalte können aktuell nicht vom Amt
für Liegenschaften und Wohnen mit einer Wohnung versorgt werden und 21 neu gebaute
Sozialwohnungen im Jahr 2012 stehen einem jährlichen Verlust von über 450 Wohnungen
mit Belegungsbindung gegenüber.
Stuttgart hat viel zu lange eine auf Großinvestoren und Bodenspekulation zugeschnittene
Stadtentwicklung forciert und die sozialen Verwerfungen ignoriert. Der Verkauf der
LBBW-Immobilien an profitorientierte Investoren und Spekulanten war der jüngste
Rückschlag für die Bemühungen um eine gemeinwohlorientierte Wohnungsbewirtschaftung
in Stuttgart. Die Folgen können nur durch eine kommunale Wohnraumwirtschaft nach
sozialen und ökologischen Kriterien aufgefangen werden. Steuert die Stadt jetzt nicht um,
dann nimmt die Wohnungsnot in den nächsten Jahren nochmals deutlich zu.
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Wir beantragen daher:
Die Stadt gründet einen kommunalen Bodenfonds zur strategischen 1. Bodenbevorratung
und erwirbt für diesen schrittweise geeignete Grundstücke vom Markt. Dazu sind auch
Instrumente wie Vorkaufssatzungen anzuwenden. Die Stadt Stuttgart verkauft zukünftig
grundsätzlich keine Grundstücke, sondern vergibt sie in Erbbau mit der Zielsetzung,
mehr Mietwohnraum und Wohnraum mit Belegungsbindung zu schaffen. Der Verkauf
von Erbbaugrundstücken wird zukünftig unterbunden.
2. Die SWSG mbH wird in ein städtisches Amt für Wohnungswesen oder einen
Eigen-/Regiebetrieb umgewandelt. Ein beschließender Ausschuss für Wohnungswesen
wird geschaffen. Die angekündigten Mieterhöhungen um durchschnittlich 6,2 % werden
nicht vollzogen. Mieterhöhungen im städtischen Wohnungsbestand werden nach
Modernisierungen auf maximal 10 % der Kaltmiete gedeckelt. Haben sich die
Modernisierungskosten amortisiert, so werden die Mieterhöhungen zurückgenommen.
Grundsätzlich soll der Grundsatz gelten: Keine Mieterhöhung ohne
wohnwertverbessernde Maßnahmen.
3. Für den Doppelhaushalt 2014/2015 werden pro Jahr 60 Millionen Euro für den Neubau
städtischer Mietwohnungen eingestellt. Ziel ist die Schaffung von 500 bezahlbaren
Mietwohnungen pro Jahr. Geeignete Grundstücke aus der Zeitstufenliste Wohnen sind
von der Stadt zum Zweck der Schaffung kommunaler Mietwohnungen zu erwerben.
4. Das Stuttgarter Innenentwicklungsmodell schreibt zukünftig eine Wohnraumquote von
50 % der Geschossfläche vor, bis alle Haushalte in der ALW-Vormerkdatei versorgt
werden können. SIM soll zur Anwendung kommen, wenn bereits 10 % der
Grundstückswertsteigerung als Investorenanreiz beim Planungsbegünstigten verbleibt.
Die Bindungsdauer für Sozialmietwohnungen und Mietwohnungen für mittlere
Einkommensbezieher soll auf 30 Jahre festgesetzt werden, dazu stellt die Stadt
ausreichend Mittel in den Haushalt ein.
5. Die Stadt stellt zukünftig in der Bauleitplanung eine Quote von mindestens 80 Prozent
Geschosswohnungsbau im Verhältnis zu Einfamilien- und Reihenhäuser in jedem neuen
Bebauungsplan sicher.
6. Stuttgart prüft gemäß Kommunalabgabengesetz die Einführung einer Leerstandsabgabe
für private und gewerbliche Immobilien.
7. Der Gemeinderat fordert die Landesregierung auf, eine Rechtsverordnung zur Kappung
der Mieterhöhungen auf maximal 15 Prozent zu beschließen. Zudem soll ein
Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum erlassen werden.
8. Belegungsrechte auf städtische Wohnungen werden auf unbegrenzte Zeit verlängert.
9. Im Umfeld von zwei Kilometern um Stuttgarter Hochschulen im Stadtgebiet erhält das
Studentenwerk einen privilegierten Zugriff auf städtische Grundstücke in Erbbau, um
Wohnraum für Studierende zu schaffen.
Thomas Adler Hannes Rockenbauch


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