Europa braucht Solidarität

26. Juli 2011  Kreistage, Position, Soziales

Kreisecke im Schwäbischen Tagblatt am Dienstag, 26.7.2011

Europa braucht Solidarität

Eine Tübingerin griechischer Herkunft erhielt beim Jahresempfang des Landkreises von Landrat Walter – stellvertretend für 268 Frauen und Männer – die Einbürgerungsurkunde. Das war ein gutes Signal für Tübingen und auch nach Griechenland, weil die dortige Bevölkerung in den letzten Wochen oft als Sündenbock der Eurokrise hingestellt wurde. Wir haben am Donnerstagabend um 19 Uhr im Tübinger Bürgerheim den Bundestagsabgeordneten Michael Schlecht zu Gast. Er wird vortragen, woher die Schuldenberge in der Europäischen Union kommen, wem die „Hilfspakete“ nützen und welche Alternativen DIE LINKE vorschlägt. Die Grenze verläuft auch in der Währungswelt nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten. Wenn andere Länder pauschal als faul und Abzocker beschrieben werden, müssen die Alarmglocken klingeln. Der schreckliche Doppelanschlag in Norwegen mahnt uns, die latente Bedrohung durch rassistische und nationalistische Ideologien nicht weiter als Randerscheinung abzutun. Der anwachsende Rechtspopulismus von Ungarn bis Skandinavien liefert den Bodensatz für fanatische Feindbilder und Gewaltbereitschaft. Die Europäische Union braucht Wirtschaftsdemokratie, Toleranz und soziale Integration. Lohndumping und Sozialabbau lösen die Krise nicht, sondern verschärfen sie.

Die Ausländerpolitik in Bund und Land muss auf den Prüfstand: Einbürgerungsregeln lockern, Bleiberecht menschlicher machen, Residenzpflicht abschaffen, Lebensmittelpakete durch Geldleistung ersetzen, soziale Ausgrenzung beseitigen. Und vor Ort: Das Tübinger Asylzentrum, die Gruppe ZAK, Kircheneinrichtungen und die Kreisarmutskonferenz versuchen seit Monaten, Asylbewerbern aus der Gemeinschaftsunterkunft in Weilheim kostenfreie Mobilität im Stadtverkehr zu ermöglichen; zum Beispiel, um besser an Kursen teilnehmen zu können. Die Zuständigkeit wurde ausgiebig zwischen Stadt und Kreis hin- und hergeschoben. Das Bürokratieproblem lautet: wer zahlt dem NALDO den (nur rechnerisch) anfallenden Kostenausgleich für freie Fahrten? Die Stadtwerke lehnen die Zuständigkeit für Freitickets ab. Sie haben Geld nur immer dann übrig, wenn es um Boni für ihre Direktoren geht. Stadtverwaltung und die Gemeinderatsmehrheit von Grün und SPD haben kläglich versagt. Der Kreistag sollte sich der Sache annehmen. Mobilität im Landkreis muss auch für arme Menschen möglich sein, die sich kein Monatsticket leisten können. Deshalb fordert die LINKE die Ausweitung der Kreisbonuscard in ein kreisweites Sozialticket für alle, die Rechtsanspruch auf gesetzliche Sozialleistungen haben.

Bernhard Strasdeit, Kreisrat der Tübinger LINKEN


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