Haushaltsrede 2012 – Hans-Jürgen Kemmerle (Ludwigsburg)

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen,

als sie, Herr Landrat diesen Haushaltsplanentwurf mit dem Hinweis auf seine neue Form durch die Umstellung von der Kameralistik zur Doppik und die deutlich geringere Seitenzahl im Oktober einbrachten, war ich natürlich gespannt, was da kommen würde.

Nach den Beratungen im Verwaltungsausschuss und in den Fachausschüssen ist mein Resümee heute: Mit diesem Haushaltsplanentwurf liegen uns 197 Seiten deutlich weniger Transparenz vor. Das mag nicht unbedingt an ihnen liegen. Sie setzen ja hier nur das Gesetz einer ehemaligen schwarz-gelben Landesregierung um. Aber mit dieser Form der Rechnungslegung wird das Königsrecht der gewählten Kreisräte über den Haushalt zu entscheiden und zu wissen worüber sie entscheiden doch sehr eingeschränkt. Ein Vergleich zum Haushalt 2010 ist aufgrund der Umstellung auf Doppik nicht möglich.

Transfeaufwendungen,

Sie haben sich bemüht einzelne Punkte näher zu erläutern, aber dieser Entwurf ersetzt transparente Information durch Vertrauen in die Verwaltung. Nach dem Motto „Fragen sie uns, dann sagen wir`s ihnen“.

So sind die Kosten für Stuttgart 21 als Einzelposten nicht mehr auffindbar. Man mag zu Stuttgart 21 stehen wie man will, und wie DIE LINKE dazu steht ist ja bekannt, aber wenn sich ein Millionenbetrag nicht mehr als einzelner Haushaltsposten identifizieren läßt, dann kann ich meinem Recht und meiner Pflicht die Verwaltung zu kontrollieren nicht hinreichend nachkommen.

Ein Haushaltsplan muss selbsterklärend und transparent sein und er darf nicht das „Nachfragen-müssen“ zum Prinzip erklären.

In unserem Kreis wächst Reichtum und Armut gleichermaßen – Die soziale Schere geht weiter auseinander. Armut, ist aber gerade in einem reichen Kreis wie dem unseren, ein Angriff auf die Würde der davon Betroffenen und besonders demütigend und erniedrigend.DIE LI NKE wird dies nicht akzeptieren.

Wir haben staatlich gewollte und staatlich organisierte Verarmung durch Hartz IV und eine beständig wachsende Zahl von Menschen die täglich ihrer Arbeit nachgehen und nicht davon leben können. Die in einem ebenfalls politisch gewollten Niedriglohnsektor unanständig schlecht für gute Arbeit bezahlt werden. Und aufgrund der hohen Belastung oft krank werden und vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden.

Werte Kolleginnen und Kollegen,

DIE LINKE stellte in den Vorberatungen zwei haushaltswirksame Anträge.

Beide Anträge sollten die Lebenssituation von Armut betroffener Familien verbessern.

Beide Anträge wurden von ihnen einstimmig abgelehnt.

Herr Landrat, sie zitierten bei der Haushaltseinbringung Goethe mit den Worten: „Man reist ja nicht um anzukommen, sondern um zu reisen“.

Wir beantragten die Einführung eines Sozialtickets, um armen Mitbürgern ein Mindestmaß an Mobilität und damit ein Mindestmaß an Teilhabe am öffentlichen Leben zu ermöglichen. Damit kein Mißverständnis aufkommt, Sozialticket heißt nicht umsonst fahren, sondern für einen bezahlbaren Preis. Wenn ihre Parteien per Gesetz festlegen, dass ein Hartz IV Empfänger nur 18 Euro für den Nahverkehr bekommt, dann sollte eine Monatskarte für ihn auch nicht mehr Kosten dürfen. Sie haben diesen Antrag leider einstimmig abgelehnt. Ich hätte mir da etwas mehr Nachdenklichkeit erhofft.

Unser zweiter Antrag bezog sich auf die Schaffung einer aufsuchende Familienberatung beim Jugendamt, zur Unterstützung von Familien im Vorfeld drohender Heimunterbringungen. Insbesondere um Familien, welche sich mit Behörden und Ämtern schwer tun rechtzeitig zu erreichen. Auch dieser Antrag wurde einstimmig abgelehnt. Wobei sich hier die Verwaltung nicht mit Ruhm bekleckert hat.

Es mutet schon seltsam an, wenn die Verwaltung einerseits behauptet, das machen wir ja schon lange und mir andererseits schreibt, dass es aufsuchende Familienberatung mit dem Ziel der Heimvermeidung eigentlich gar nicht gibt.

Bei unserem Antrag geht es um Hilfe, die möglichst unbürokratisch und unmittelbar vom ASD eingesetzt werden kann und in engem Austausch mit ihm steht.

Dem Schreiben der Verwaltung entnehme ich, dass sie die „Sozialpädagogische Familienhilfe – kurz SPFH“ nach §31 SGB VIII oder eine „Erziehungsbeistandschaft – nach §30 SGB VIII“ für identisch mit einem Heimvermeidungsdienst hält. Aber das ist es nicht und ich denke, das weiss sie auch.

Ein weiterer für DIE LINKE sehr bedeutsamer Punkt ist die geplante Verteilung der Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Es geht hier um 1,2 Millionen Euro für Hortessen und Schulsozialarbeit, die an Kommunen weiter gereicht werden sollen, die derzeit Schulsozialarbeit anbieten.

1,2 Mio. entsprechen ungefähr 24 Schulsozialarbeiterstellen.

Bisher hörte ich von einer einzigen Kommune (Sachsenheim) die in Folge dieses Geldsegens eine vorhandene 0,6er Stelle auf 0,9 erhöhen möchte. Sie seien ja bereits in Vorleistung gegangen war hier einmütig von CDU, FDP und leider auch der SPD zu hören.

Sie stehen hier allerdings im Gegensatz zu den Aussagen ihrer eigenen Bundespolitiker. So schrieb die FDP Bundestagsfraktion in einer Mitteilung vom 21. Februar diesen Jahres: Bestandteil des Bildungs- und Teilhabepakets ist ein: „Zuschuss an die Kommunen zum Ausbau von Jugendsozialarbeit oder Essen in Kinderhorten“.

Auch die Bundesregierung spricht in der Beantwortung einer kleinen Anfrage der Linken vom 20. April diesen Jahres von Mitteln die zusätzlich zum Ausbau von Schulsozialarbeit verwandt werden.

Die Rede ist vom Ausbau der Schulsozialarbeit und nicht, dass sie diese Mittel zur Kürzung ihrer eigenen Finanzierungsanteile nutzen. Aber genau das machen sie.

DIE LINKE steht zum Ausbau der Schulsozialarbeit und lehnt die versteckten Kürzung der kommunalen Mittel in diesem Bereich ab.

Verkehrsinfrastruktur. Für DIE LINKE ist die Entscheidung zum Remsecker Tunnel das falsche Signal bei der Lösung von Problemen, welche durch den Individualverkehr verursacht werden. Dieses Großprojekt zur Förderung des Individualverkehrs ist zu teuer für unseren Kreis. Nicht nur bei den Investitionskosten, sondern auch bei den Folge- und Unterhaltskosten. Wir sollten uns auf den Ausbau eines attraktiven öffentlichen Nahverkehrs konzentrieren. Die vorhandene Verkehrsinfrastruktur in einem guten Zustand erhalten, aber keine derartigen Großprojekte auf den Weg bringen, die Probleme nur verlagern aber nicht lösen.

Obwohl sich die Haushaltssituation in diesem Jahr deutlich besser darstellt als noch im vergangenen Jahr soll die globale Minderausgabe weiter umgesetzt werden. Wir halten dies für falsch, auch auf dem Hintergrund, dass der Wechsel vom Job-Center zur Optionskommune ab dem 01 Januar ein für Verwaltung und Mitarbeiter gewaltiger personeller und organisatorische Kraftakt ist.

Stellen im Stellenplan sind nichts wert, wenn sie nicht besetzt werden.

DIE LINKE kann und wird deshalb diesem Haushalt nicht zustimmen!

Vielen Dank für ihre Geduld


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