Haushaltsrede im Sindelfinger Gemeinderat am 10. Mai 2016

US_copyright uwe steinertHaushaltsrede von Richard Pitterle für DIE LINKE im Sindelfinger Gemeinderat:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

auch wenn ich der sechste in der Runde der Haushaltsredner bin, möchte ich dennoch um Aufmerksamkeitbitten, denn ich finde die LINKE hat durchaus auch etwas zu sagen, wenn es um die Gestaltung unsererKommune geht.

Die Haushaltsreden sollen auch die Vorstellungen für die Zukunft offenbaren, die die jeweilige Gruppierung vertritt und diese sollen im Haushalt eingebettet sein.

Zunächst einmal finde ich, wir können nach den Wahlergebnissen bei der Landtagswahl uns nicht einfachzurücklehnen und weitermachen wie bisher. Alle demokratischen Parteien, die im Gemeinderat vertreten sind, haben Stimmen verloren und eine rechtspopulistische Partei hat massiv Proteststimmen auf sich gezogen. Das ist m.E. Ausdruck davon, dass wir einen Teil der Bevölkerung gar nicht mehr erreichen. Wenn etwa fast jeder dritter Einwohner im Eichholz eine antidemokratische Partei wählt, dann ist es doch ein Alarmzeichen, das davon zeugt, dass sich ein Teil der Bevölkerung als „abgehängt“ fühlt – unabhängig davon ob er es ist oder nicht.

Die Politik allgemein, die Kommunalpolitik im Besonderen darf nicht zulassen, dass sich Teile der Bevölkerung in ihr nicht mehr wiederfindet, dass sich das Gefühl breit macht, die oben regieren und interessieren sich nicht für unsere Probleme. Auch wenn die unterschiedlichen Parteien unterschiedliche Interessen in der Gesellschaft vertreten, sollte uns allen der soziale Zusammenhalt am Herzen liegen.

Bezahlbaren Wohnraum schaffen

Damit komme ich zu einem der Kernprobleme, die heute auf eine Lösung warten. Wir haben in Sindelfingen nicht genügend bezahlbaren Wohnraum. Man braucht sich nur zwischen den Leuten in unserer Kommune umzuhören. Fast jeder kennt jemanden, der auf der Suche nach bezahlbaren Wohnraum ist. Bei allen ist es angekommen, nur die Verwaltung verharrt in Untätigkeit und Passivität. Es gibt viele Rentner, die sich mit der Rente die bisherige Wohnung nicht mehr leisten können. Ich frage Sie, wie viel Mittel haben Sie für die Unterstützung der Schaffung bezahlbaren Wohnraums in den Haushalt eingestellt? Die Antwort ist: keine! In welchem der vielen Bebauungspläne, die wir hier verabschiedet haben, haben Sie den Bau von Sozialwohnungen eingeplant? Die Antwort ist: in keinem.

Das ist nicht akzeptabel. Wir müssen jetzt handeln und wir brauchen mindestens 500 Sozialwohnungen und entsprechenden Mittel hierfür im Haushalt 2016/2017. Dazu haben wir einen entsprechenden Antrageingebracht.

Versorgung der Bevölkerung sicherstellen

Die anhaltende Problematik der fehlenden ortsnahen Versorgung in den Stadtteilen in Verbindung mit dem Älterwerden der dortigen Bevölkerung kann uns nicht gleichgültig sein. Letztlich betrifft es die Stadtteile Eichholz, Viehweide und Hinterweil gleichermaßen. Wir mussten erfahren, dass die Genossenschaftsinitiative im Eichholz leider gescheitert ist. Wir müssen nach intelligenten in Zeit des Internets passenden Lösungen suchen. Was hat hier die Wirtschaftsförderung bisher getan, um das Problem zu lösen? Gibt es Möglichkeiten Unternehmen zu kontaktieren, die zwei Mal in der Woche ein mobiles Angebot in die Stadtviertel bringen?

Gibt es Möglichkeiten eine Versorgung über das Internet zu organisieren und wie wäre zu organisieren, dass die älteren Mitbürger dazu einen entsprechenden Zugang finden. Ich glaube, wenn die Verwaltung nur ein Zehntel der Zeit aufgewendet hätte, die sie für die Erweiterung des Breuningerlands investiert hat, dann wäre längst etwas auf den Weg gebracht worden und die Bürgerinnen und Bürger hätten nicht das Gefühl von der Politik im Stich gelassen zu werden. Wir wollen einen Plan der Verwaltung, wie sie in dieser Frage weitervorgehen will.

Barrierefreiheit der Schulen umsetzen

Wir sollten nicht unterlassen an die Menschen mit Handicap zu denken. Haben Sie in diesjährigen Haushalt Mittel eingestellt, um eine Schule barrierefrei zu machen, wie wir es schon vor zwei Jahren beantragt haben? Dabei denke ich nicht nur an die Schülerinnen und Schüler, die wir inkludieren wollen, sondern daran, wie sich ein Elternteil im Rollstuhl fühlen muss, wenn es sein Kind am ersten Schultag nicht begleiten kann, weil zum Beispiel in der Königsknollschule kein einziges Klassenzimmer immer barrierefrei erreichbar ist. Wann, wenn nicht jetzt bei der jetzigen Einnahmesituation wollen Sie an diese Aufgabe ran gehen?

Aufstockung des Bauamts / Umwandlung der befristeten Verträge

Auch wenn der Haushaltsplan deutlich mehr Sanierungsmaßnahmen vorsieht, was wir grundsätzlich begrüßen, wissen wir aus der Darstellung der Verwaltung, dass es objektive Grenzen bei deren Umsetzung gibt. Das sind die überlasteten und fehlenden Fachkräfte in den zuständigen Ämtern. Da der Sanierungsbedarf auch in den nächsten Jahren nachhaltig sein wird, schlagen wir vor im ersten Schritt alle befristen Stellen in diesem Bereich in unbefristete Stellen umzuwandeln, um der verständlichen Fluktuation Einhalt zu gebieten.

Im zweiten Schritt wären die Stellen aufzustocken, um eine kontinuierliche Sanierung, die eine Investition in die Zukunft darstellt, zu gewährleisten. Neben den Schulen und Straßen, müssen wir bekanntlich die Sanierung der Tiefgarage und Modernisierung des Badezentrums angehen. Für die Linke kommt für das Badezentrum eine Lösung mit privaten Investor nicht in Frage. Wir sollten als Gemeinderat die Entscheidung über die Eintrittspreise nicht aus der Handgeben, damit nicht Teile der Bevölkerung aus der Nutzung ausgeschlossen bleiben.

Eine zügige Entscheidung pro DOMO NOVO treffen

Seit Monaten prüft die Stadtverwaltung einen Standort für ein Kulturzentrum. Wir sind der Meinung, dass jetzt die Zeit reif ist, eine Entscheidung im Rahmen der Haushaltsdiskussion zu treffen und diese nicht bis Sankt Nimmerleinstag zu verschieben. Die Bürgerinitiative pro Domo Novo hat ein schlüssiges Konzeptvorgelegt, dessen Umsetzung die Attraktivität der Stadt für Jugend, Vereine, Kulturinteressierte erheblich steigern würde. Lassen Sie uns jetzt eine Entscheidung treffen und die Mittel hierfür in den Haushalteinstellen.

Flüchtlingsunterbringung dezentral organisieren

Wir waren uns bei der Flüchtlingsunterbringung bisher einig und haben die Beschlüsse nicht zum Gegenstandparteipolitischer Profilierung gemacht. Gerade wenn uns allen die Integration der Flüchtlinge am Herzen liegt, müssen wir an dezentraler Unterbringung festhalten und das Entstehen von Enklaven, bei denen es zukeiner Vermischung mit der heimischen Bevölkerung kommt, verhindern. Da bieten sich durchaus auch die Grundstücke an, die die Stadt dem Landkreis für die Erstunterbringung angeboten hatte, die dieser jedoch ablehnte. Ich denke zum Beispiel an die Baulücke in der Calwer Straße, wo 30 Personen untergebracht werden können. Allen Bürgerinnen und Bürgern, die im AK Asyl oder außerhalb ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagiert sind, möchte ich hier Danke sagen.

Zum Schluss

Es ist ein guter Brauch, den zuständigen Fachbeamten im zuständigen Ressort für die Erstellung desHaushalts zu danken, was ich selbstverständlich auch tun will.

Ich hoffe jedoch, dass der Haushalt anders verabschiedet wird als er eingebracht worden ist, denn in seinerjetzigen Form trägt er entscheidenden Problemen nicht Rechnung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


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