Haushaltsrede und Anträge der Linksfraktion im Esslinger Kreistag

30. November 2017  Antrag, Haushaltsreden/-anträge, Kreistage

Haushaltsrede und Anträge der Linksfraktion im Esslinger Kreistag, Anträge kommen nach der Rede.

Peter Rauscher, 9.11.2017

„Wenn ich mir vorstelle, dass 95 Prozent aller Kinder, die noch nicht geboren sind, in eine Welt entlassen werden, wo sie vielleicht Elend, Krieg, Zerstörung ausgesetzt sind – das bricht einem das Herz. Das muss verhindert werden.“

Sehr geehrter Herr Landrat,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

meine Damen und Herren,

dieses Zitat, wollen wir als Motto für unsere diesjährige Haushaltsrede an den Beginn stellen. Das Zitat stammt von Prof. Schellnhuber, oberster Nachhaltigkeitsberater der Bundesregierung und der EU-Kommission. Es bleibt uns nur noch ein kurzes Zeitfenster, um die vereinbarten Klimaziele zu erreichen. Dies kann nur gelingen, wenn wir auf allen politischen Ebenen – also auch auf der kommunalpolitischen – endlichen beginnen das Steuer herumzureißen, für eine nachhaltige ressourcenschonende Politik und für eine Veränderung der Lebensstile.

Landrat Eininger begann seine Rede zur Einbringung des Haushaltsplanes mit dem Satz „Wir leben in unruhigen Zeiten“. Diesem Satz stimmen wir zu. Dass aber „die Terrorakte des radikalen Islamismus … eine Hauptursache für Flucht und Vertreibung“ seien, dem möchten wir widersprechen.  Die Vereinten Nationen und die Friedens- und Konfliktforschung kommen zu einem anderen Ergebnis und sehen andere Fluchtursachen. Mehr als die Hälfte der Geflüchteten sind vor Krieg und Gewalt geflohen. Diese Kriege werden von der NATO und den USA, mit deutscher Beteiligung, in Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien, Jemen, Mali u.a. geführt. Die Folgen sind bekannt!

Andere Fluchtursachen liegen in der Zerstörung der landwirtschaftlichen Selbstversorgung durch multinationale Handelskonzerne, durch Landraub, durch unfaire Handelsabkommen, durch katastrophale Folgen des Klimawandels usw.

Der renommierte Umweltexperte Klaus Töpfer sieht Deutschland und die andere Industrieländer in der Pflicht, aktiver gegen die Ursachen der weltweit zunehmenden Flüchtlingsströme vorzugehen. Diese hingen nämlich auch mit dem energie- und ressourcenintensiven Lebensstil in den reichen Ländern zusammen, der zum Beispiel den Klimawandel in den Herkunftsländern anheize. Töpfer schreibt (in einem Beitrag für CHANCEN): „Die Flüchtlingsströme sind der Beleg dafür, dass ,nachhaltige Entwicklung` der neue Begriff für Frieden ist.“ Er fordert unter anderem eine CO2-neutrale Wirtschaft bis 2050, einen neuen, ressourcenleichten Lebensstil und das Zurückfahren von subventionierten Agrarexporten in die Entwicklungsländer, die die dortige Landwirtschaft schädigten. (Klaus Töpfer ist CDU-Mitglied)

 

Daraus ergibt sich für uns eine Verantwortung gegenüber den Geflüchteten, auch solchen, die in scheinbar sichere Herkunftsländer wieder zurückverfrachtet werden sollen.

Lebensmittel

Das Freilichtmuseum des Landkreises in Beuren  leistet einen großen und guten Beitrag zur Vermittlung der Bedeutung biologischer Vielfalt auf dem Acker, im Garten und der Streuobstwiese. Ökologischer und regionaler Land- und Gartenbau sind ein wichtiger Beitrag zur Gesundheit von Mensch und Umwelt. In diesem Sinne und im Sinne unseres Mottos beantragen wir, dass der Landkreis beim Einkauf von Lebensmittel für Schulmensen, Kantinen und Kliniken auf regionale und ökologische oder auch fair gehandelte Produkte zurückgreift.

 

Mobilität

Eine neue Mobilitätskultur setzt ein  leistungsfähiges ÖPNV-Angebot voraus. Geht doch die von der Landesregierung in Auftrag gegebene Studie „Mobiles Baden-Württemberg – Wege der Transformation zu einer nachhaltigen Mobilität“ davon aus, dass bis 2050 die Zahlen des Autos um 85 Prozent sinken müssen, andernfalls scheitern die sozialen und ökologischen Nachhaltigkeitsziele in unserem Bundesland. Die Stuttgarter Zeitung kommt ganz im Sinne unseres Mottos zu einem bemerkenswerten Fazit über diese Studie: „Eine Studie zur Mobilität zeigt, welche verlässlichen Rahmenbedingungen die Automobilwirtschaft benötigt, um die verbindlichen Klimaziele zu erreichen. Die Forscher sehen es als unumgänglich an, die Privilegierung des Autos zu beenden. Der Einsatz von Elektrofahrzeugen reicht nicht aus.“ (Stuttgarter Zeitung,13.8.2017)

 

In einigen Bereichen sind wir im Landkreis auf einem guten Weg, den es fortzusetzen und zu intensivieren gilt. In einigen Ausschreibungen der Buslinienbündel wurden die Takte verdichtet, werktags tagsüber ein 30-Minuten-Takt, abends und am Wochenende Ein-Stunden-Takte eingeführt. Es wurden schnelle, umsteigefreie Durchbindungen ausgeschrieben und die busliniengebundenen Fahrten ausgebaut. Dies verbessert das grundsätzliche Problem im VVS: die Versorgung der letzten Kilometer auf dem Land und in kleinstädtischen Stadtteilen. Mit dem neuen Fahrplan kann man dann z.B. von Großbettlingen auch nach 20 Uhr mit dem Bus fahren. Doch es bleibt noch viel zu tun! Daher stellen wir Anträge zur Mobilität!

 

Nachdem unserer letztjähriger Antrag zur zusätzlichen schienengebundenen Tangentialverbindung Plochingen über Ludwigsburg nach Markgröningen oder Bietigheim (die sog. Schusterbahn) in der Region (bisher nicht im Kreistag!) auf einem guten Weg ist, beantragen wir zusätzlich, dass der Landkreis gegenüber dem Verband Region Stuttgart als Aufgabenträger aktiv wird, um den Ausbau der Kleinen Teckbahn voranzutreiben.

Nach wie vor, halten wir einen Antrag für notwendig, der die Einführung eines Sozialtickets beinhaltet. Dies tun wir nicht, um die Verwaltung zu beschäftigen, sondern weil die Erfahrungen der Stadt Stuttgart und des Landkreises Göppingen zeigen, dass ein eventueller Abmangel wirkungsvoll begrenzt werden kann, und dass durch ein attraktives preisliches Angebot ohne Angebotserweiterung eine hohe Zahl an zusätzlichen Nutzern im ÖPNV gewonnen werden kann.
Nach wie vor halten wir es für notwendig, dass alternative Nahverkehrsmodelle erprobt werden. Daher wiederholen wir unseren letztjährigen Antrag, der bisher noch nicht behandelt wurde, über das Reallabor bus on demand in Schorndorf zu berichten.

Im Abschlussbericht zur Radverkehrskonzeption ist als Ziel formuliert: „Der Landkreis Esslingen möchte das Thema Radverkehr unter dem Motto ‚Mit dem Fahrrad in die Zukunft‘ weiter voranbringen und damit gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Bereits im Jahr 2012 wurde zu diesem Zwecke eine ämterübergreifende Projektgruppe Radverkehr gebildet, die sich zunächst umfassend mit den zu erreichenden Zielen auseinandergesetzt hat.“ Wir meinen jedoch, dass wir dieses Ziel schneller und energischer angehen müssen. Es reicht allerdings nicht aus, Ziele für Radschnellwege zu formulieren, sondern es müssen weitere Maßnahmen folgen, die schnell umsetzbar sind.

Nachdem sich das Carsharingunternehmen car2go aus der Fläche auch aus unserem Landkreis zurückzieht, erscheint es notwendig, alternative Carsharingangebote zu fördern. Wir beantragen, dass der Landkreis gemeinsam mit den Kommunen ein Konzept erarbeitet, mehr standortgestützte Carsharingmodelle zu ermöglichen. Als wirksames Mittel zur Verringerung des Kfz-Aufkommens haben sich bundesweit stationäre Car-Sharing-Systeme erwiesen, die nun durch ein Bundesgesetz auf einer neuen rechtlichen Grundlage etabliert werden können. Hier fordert DIE LINKE eine kreisweit abgestimmte Herangehensweise, um flächendeckend stationäre Car-Sharing-Mobilitätspunkte in allen Städten und Gemeinden einzurichten, die dies wünschen.

Immer mehr Menschen pendeln mit Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit und zurück. Daher halten wir es für notwendig, dass E-Bike- und Fahrradstationen gemeinsam mit den Kommunen ausgebaut werden. Wir schlagen vor, dass eine kreisweite Initiative das Kirchheimer Modell umsetzt. Betrieben wird dort die Radstation von der Esslinger Beschäftigungsinitiative (EBI).

Stuttgart 21

 

Den positiven Entwicklungen stehen, meine Damen und Herren, leider nach wie vor negative und schädliche Folgen der Milliardengrube Stuttgart 21 entgegen. Nicht nur,
dass der Schienenverkehr im Großraum Stuttgart darunter leidet,

dass Wasser in Kirchheim verseucht wird,

dass weitere Kostensteigerung anstehen,

dass Mischverkehre auf den Fildern und beim Flughafenbahnhof, so er denn je gebaut wird, den ÖPNV behindern,

dass das zweite Gleis bei der Wendlinger Kurve noch nicht finanziert ist,

dass der Transport von Aushub durch Owen und das Lenninger Tal führt,

es wird auch der ÖPNV kannibalisiert.

Nun belegt ein weiteres wissenschaftliches Gutachten, dass der Betrieb dieses Projekts in hohem Maße umwelt- und klimaschädlich ist. Dies macht deutlich, Stuttgart 21 muss gestoppt werden und Umstieg 21 in Kraft treten, um die bereits gebauten Brücken und Gleise zu nutzen und den Ringschluss der S-Bahn zwischen Fildern und Neckartal zu ermöglichen.

 

Inklusion

 

Die inklusive Pädagogik an allgemeinen Schulen ist mittlerweile weitgehend als Bildungsangebot anerkannt. Sie hat sich entwickelt aus dem Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention von 2006, der besagt, dass Kinder mit Behinderungen nicht vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden dürfen. Dieser Anspruch obliegt in Deutschland mit seinem jahrzehntelang aufgebauten starken Sonderschulsektor nach wie vor einem heftigen gesellschaftlichen Disput über die Wahl des Bildungsweges. Wenn sich Eltern bewusst entscheiden, ihr behindertes Kind an einer allgemeinen Schule unterrichten zu lassen, verdient die gesamte Familie höchste Unterstützung. Der Landkreis ist verantwortlich für die notwendige Schulbegleitung. Dazu beantragen wir einen Bericht.

Personal

 

Bei den Planungen zum Ersatzneubau der Albert-Schäffle-Schule ist klar geworden, dass erhebliche Beträge für Projektsteuerung, Kontrolle und Abnahme vorgesehen sind. Diese Aufgaben sollen wegen mangelnder Personalkapazitäten im Hochbauamt extern vergeben werden. Zur Personalsituation im Landratsamt erbitten wir einen Bericht

Die Fraktion die LINKE bedankt sich bei der Verwaltung und besonders bei Frau Dostal und ihren Kollegen und Kolleginnen der Kämmerei.

Ich bedanke mich für Ihr Zuhören und wünsche uns, dass wir im Sinne unseres Mottos unseren Landkreis friedensstiftend, sozial und nachhaltig im Interesse unserer Kinder und Enkel weiter entwickeln können.

 

Anträge

 

  1. Einkauf von Lebensmittel

 

Wir beantragen, dass der Landkreis beim Einkauf von Lebensmittel für Schulmensen, Kantinen und Kliniken auf regionale und ökologische oder auch fair gehandelte Produkte zurückgreift.

 

Begründung:

Das Freilichtmuseum des Landkreises in Beuren  leistet einen großen und guten Beitrag zur Vermittlung der Bedeutung biologischer Vielfalt auf dem Acker, im Garten und der Streuobstwiese. Ökologischer und regionaler Land- und Gartenbau sind ein wichtiger Beitrag zur Gesundheit von Mensch und Umwelt. Erfreulicher Weise haben viele Menschen erkannt, dass die Lebensmittelproduktion im konventionellen chemisch-technischen Land- und Gartenbau zu einer Verminderung der Qualität der Lebensmittel und zu einer Uniformierung von Landschaft, Tieren und Pflanzen beiträgt. Ökologischer Land- und Gartenbau ist ein weiterer Beitrag um den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen. Fair gehandelte Produkte ermöglichen den Menschen eine Lebensperspektive jenseits von Armut und Flucht. Und um den Rückgang der Artenvielfalt aufzuhalte

 

  1. Kleine Teckbahn

 

Der Kreistag möge beschließen:

 

  1. Die Verwaltung berichtet über Zukunftsperspektiven der „Kleinen Teckbahn“ (Kirchheim unter Teck – Oberlenningen) sowohl im Personenverkehr als auch im Güterverkehr. Grundlage des Berichts soll ein möglicher durchgehender 30-Minuten-Takt unter Beibehaltung und eventuellem Ausbau des Güterverkehrs sein.
  2. Dabei sind insbesondere folgende Infrastrukturmaßnahmen zur Kapazitätserhöhung zu prüfen:

– Bau zusätzlicher Ausweich- bzw. Begegnungsstrecken, z.B. im Bahnhof Owen

– Reaktivierung des Abschnittes Kirchheim/Dettinger Straße – Bahnhof Kirchheim und Verbindung mit der Teckbahn für einen zweigleisigen Betrieb auf diesem Abschnitt

– Attraktivitätssteigerung durch zusätzliche Haltepunkte oder Verlegung bestehender Haltepunkte.
3. Die Verwaltung wird beauftragt im Sinne des Berichts beim Verband Region Stuttgart einen Ausbau der Kleinen Teckbahn zu fordern.

 

Begründung:

Das schöne Lenninger Tal ist ein verkehrlich hochbelasteter Wohn- und Gewerbestandort. Durch die Verlängerung der S1 nach Kirchheim haben sich für viele ÖPNV-Nutzer im Lenninger Tal Verschlechterungen ergeben, da in vielen Fällen zusätzliche Umsteigevorgänge notwendig wurden. Um so wichtiger ist eine Attraktivitätssteigerung der Teckbahn selbst, um angesichts der zum Teil chaotischen Verkehrsverhältnisse auf der B 465 mehr Verkehr von der Bundesstraße und den Ortsdurchfahrten auf die Schiene zu verlagern. Dies gilt auch für den noch bestehenden Güterverkehr, der nicht gegen den Personenverkehr ausgespielt werden darf.

 

Der heute existierende, vormittags ausgesetzte und gegen 19:00 Uhr endende 60-Minuten-Takt ist nicht wirklich attraktiv. Der ergänzende bzw. ersetzende Busverkehr ist unattraktiv und tagsüber nicht wirklich zuverlässig. Die Prüfung von notwendigen Maßnahmen, die im Personenverkehr mindestens einen 30- Minuten-Takt ermöglichen und den Güterverkehr sichern und möglichst ebenfalls ausbauen sollten, ist daher dringend notwendig, um der Teckbahn eine Zukunftsperspektive zu eröffnen und den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren.

 

 

  1. Für ein Sozialticket im VVS

    Der Kreistag fordert Landrat Eininger auf im Aufsichtsrat des VVS, die Erstellung eines Konzeptes für ein VVS-weites Sozialticket zu beantragen. Das Sozialticket soll für alle Bezieher von Leistungen nach SGB II, SGB XII, WoGG und AsylbLG gelten. Als Basispreis ist der Leistungsanteil für Verkehr im Regelbedarf nach Regelbedarf Ermittlungsgesetz (RBEG) für Bezieher von Leistungen nach SGB II anzustreben. Bei der Konzepterstellung ist insbesondere auf eine wirksame Begrenzung des Abmangels sowie auf die Berücksichtigung eventueller Mehreinnahmen durch Gewinnung neuer Kunden zu achten. Anhand des erstellten Konzepts sollen die voraussichtlichen Kosten ermittelt und im Aufsichtsrat des VVS sowie den beteiligten Gebietskörperschaften Landkreise, Stadt Stuttgart und Verband Region Stuttgart vorgestellt werden. Auch die Erfahrungen des Stuttgarter Modells und des Filsland- Mobilitätsverbunds im Landkreis Göppingen sind mit zu berücksichtigen.

 

Begründung:

Im Landkreis lebt eine deutlich große Zahl an Haushalten, die für ein Sozialticket berechtigt wären. Zudem ist der Landkreis  ein sicherer Hafen für eine große Zahl von Flüchtlingen. Diese Menschen sind in ihrer Mobilität aus finanziellen Gründen deutlich eingeschränkt und können oft die VVS-Preise nicht bezahlen. Für nicht erwerbstätige Menschen ist dies auch statistisch belegt durch die regionale Mobilitätsstudie von 2010. In keinem anderen in dieser Studie ausgewerteten Personenkreis ist der Nutzungsgrad des ÖPNV mit 4,9% der Wege derart gering wie bei den Nicht-Erwerbstätigen. Mobilität ist in einer modernen Gesellschaft Voraussetzung für die diskriminierungsfreie Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Dabei hört die Teilhabe nicht an Kreis- oder Gemeindegrenzen auf. Familien verteilen sich innerhalb der ganzen Region, viele kulturelle Ziele sind in wenigen Orten konzentriert und auch politisches Engagement erfordert oft längere Wege.

 

Ein Sozialticket würde eine erhebliche Ungerechtigkeit des VVS-Tarifsystems und des Zonensystems abmildern und eine Lücke im Fahrscheinangebot schließen. Soziale Erwägungen bei der Preisgestaltung sind dem VVS-Tarifsystem schließlich nicht fremd, wie bereits zahlreiche rabattierte Angebote für bestimmte Personengruppen zeigen. Denn ein Sozialticket ist nicht nur einfach eine Sozialleistung, die von den Sozialhilfeträgern je nach Kassenlage gewährt werden kann oder nicht. Menschen mit geringem oder ohne Erwerbseinkommen haben genauso einen Anspruch auf spezielle VVS-Tarife wie beispielsweise Senioren, Studierende, Schüler oder Azubis. Die Erfahrungen der Stadt Stuttgart zeigen, dass ein eventueller Abmangel wirkungsvoll begrenzt werden kann, und dass durch ein attraktives preisliches Angebot ohne Angebotserweiterung eine hohe Zahl an zusätzlichen Nutzern gewonnen werden kann. So haben die Untersuchungen zu den Auswirkungen des Sozialtickets in der Landeshauptstadt Stuttgart und die vom VVS vorgeschlagenen Refinanzierungskosten-Modelle für die Landkreise Rems-Murr und Böblingen deutlich gemacht, dass der Kostenaufwand für die Landkreise erheblich geringer ist als in vorangegangenen Berechnungsmodellen, beispielsweise aus dem Landkreis Ludwigsburg, prophezeit wurde. Auch im Landkreis Göppingen wurde zum 1. Januar 2017 das Filsland-Sozialticket mit erfolgreichem und kostenmäßig überschaubarem Modell eingeführt. Dies zeigt die Dynamik der aktuellen Entwicklung. Auch der VVS und die Nahverkehrsunternehmen in der Region profitieren mittel- und langfristig von einem attraktiven Sozialticket, da davon auszugehen ist, dass einmal für den ÖPNV gewonnene Kunden auch dann in erheblicher Zahl den ÖPNV weiter nutzen werden, wenn sie durch eine Verbesserung ihrer Einkommensverhältnisse nicht mehr zum Bezug eines Sozialtickets berechtigt sind.

 

 4.„Bus on demand“: Bedienungsmängel im Buslinienverkehr durch Flexibilisierung und Digitalisierung beheben
Wir beantragen, dass über das Reallabor-Pilotvorhaben „Bus on demand“ in Schorndorf berichtet wird.

 

Begründung:

Trotz der Fortschritte in den Linienbündel und durch das nun definierte Grundangebot im VVS und die ersten Schritte zu einem Nachtbus-/Nachttaxenangebot kann für die Kunden nicht von einem zum motorisierten Individualverkehr gleichwertigen Mobilitätsangebot gesprochen werden. Weder die Erschließung der Wohnplätze in der Fläche, noch die Linienbedienung in den Nebenzeiten sowie in der Nacht – insbesondere werktags – sind in ausreichendem Maß entwickelt. Falls überhaupt ein öffentliches Verkehrsangebot zwischen Abfahrtsort und Ziel besteht, so sind die Reisezeiten häufig unattraktiv und mit langen Wegstrecken verbunden („Letzter Kilometer“). Auch für die Aufgabenträger ist die Linienbedienung in diesen Zeiten im Regelfall oft aufgrund der geringen Nachfrage unrentabel. Damit deckt das Verkehrsangebot im VVS nicht alle Mobilitätsbedürfnisse ab. Das gilt insbesondere für 
Menschen in der Schicht- und Nachtarbeit. Dieser Problematik könnte man durch innovative Ansätze zur Flexibilisierung des Linienbetriebs begegnen. In Südniedersachsen erprobt die Max-Planck-Gesellschaft mit dem von Seiten der EU und des Bundes geförderten Projekt „Ecobus“ ab 2018 die Vernetzung einer Kleinbusflotte mit flexiblen Haltepunkten jenseits starrer Linienbedienung, in Verbindung mit der digitalen Echtzeit-Koordination zwischen Bus-Flotte und Fahrgastanfrage. Damit soll eine Forschungslücke über eine nachfrageorientierte Betriebsart geschlossen werden, in der im Gegensatz zu klassischen Rufbussystemen pro Bus gleichzeitig viele Fahrgäste transportiert werden. Auch in Schorndorf läuft gegenwärtig ein mit 1,2 Millionen Euro gefördertes Reallabor Pilotvorhaben zur Beseitigung innerörtlicher Bedienungsmängel durch ein bedarfsorientiertes Quartiersbussystem ohne Haltestellen unter Leitung des Instituts für Luft- und Raumfahrttechnik.

 

  1. Standortgestützte Carsharingmodelle

 

Nachdem sich das Carsharingunternehmen car2go aus der Fläche – auch aus dem Landkreise Esslingen – zurückzieht, erscheint es notwendig dazu alternative Angebote zu fördern. Wir beantragen, dass der Landkreis gemeinsam mit den Kommunen ein Konzept erarbeitet, mehr standortgestützte Carsharingmodelle zu ermöglichen. Als wirksames Mittel zur Verringerung des Kfz-Aufkommens haben sich bundesweit stationäre Car-/Vehicle-Sharing-Systeme erwiesen, die nun durch ein Bundesgesetz auf einer neuen rechtlichen Grundlage etabliert werden können. Hier fordert DIE LINKE eine kreisweit abgestimmte Herangehensweise, um flächendeckend stationäre Car-Sharing-Mobilitätspunkte in allen Städten und Gemeinden einzurichten, die dies wünschen.

 

  1. E-Bike- und Fahrradstationen
    Wir beantragen, dass der Landkreis gemeinsam mit den Kommunen ein Konzept erarbeitet, mehr Radstationen zu ermöglichen.

    Begründung:

Immer mehr Menschen pendeln mit Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit und zurück. Dazu ist es notwendig, dass die Fahrräder sicher untergestellt werden können und dass kleine Reparaturen ausgeführt werden können. Die Radstation in Kirchheim könnte hierzu ein Modell sein. Betrieben wird sie von der Esslinger Beschäftigungsinitiative (EBI).

 

  1. Inklusion – Schulbegleitung

 

Der Landkreis ist verantwortlich für die notwendige Schulbegleitung zur inklusiven Beschulung. Dazu beantragen wir einen Bericht.

 

Begründung:

Die inklusive Pädagogik an allgemeinen Schulen ist mittlerweile weitgehend als Bildungsangebot anerkannt. Sie hat sich entwickelt aus dem Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention von 2006, der besagt, dass Kinder mit Behinderungen nicht vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden dürfen.
Der Landkreis hat mit der am 16. März 2017 im Sozialausschuss zur Kenntnis genommenen  „Konzeption Schulbegleitung“ diejenigen Aspekte der Hilfeleistungen geregelt, die außerhalb der allgemeinschulischen Pädagogik zu gewähren sind.

Wie hat sich bisher die Konzeption aus Sicht aller am Verfahren Beteiligten bewährt?

Haben sich allein durch die Anwendung der Konzeption auch Qualitätssteigerungen, wie im HH-Entwurf 2018, Seite 67, erwähnt, ergeben?

Wie sind sie definiert? Wie werden sie geprüft und gesichert?

Ist vorgesehen, die Einhaltung des Datenschutzes der sehr sensiblen Sozialdaten zu prüfen?

Gibt es einen Plan für die regelmäßige Aktualisierung und Fortschreibung der Konzeption? Was heißt, wie unter Kapitel 10 der Konzeption erwähnt, „regelmäßig“? Werden auch Elternvertreter*innen mit einbezogen, im Gegensatz zu der verabschiedeten Fassung?

Liegt mittlerweile eine Leistungs- und Entgeltvereinbarung zwischen dem Landkreis und dem Trägerverbund Schulbegleitung vor? Wenn ja, wie lautet sie? Was bedeutet „nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten“? Können diese Gesichtspunkte nicht unter Umständen passgerechte Schulbegleitungs-Lösungen verhindern, da prioritär die kostengünstigsten Lösungen angestrebt werden? Wie wird gewährleistet, dass die sechs zum Verbund gehörenden Leistungserbringer keine Preisabsprachen zuungunsten des Landkreises vornehmen? Wie wird entschieden, ob für die Schulbegleitung eine Fachkraft oder angelernte Kräfte eingesetzt werden?

Wie kann vermieden werden, dass Eltern in strittigen Bedarfsfällen für die Schulbegleitung in Vorkasse gehen müssen?

Wie entwickeln sich die Zahlen der Fälle nach SGB VIII und SGB XII in 2017? Gibt es Angaben über die im Landkreis eingesetzten Schulbegleiter?

 

 

 

  1. Personalentwicklung

Wir bitten um einen Bericht zur Personalentwicklung. Dabei sollten auch in Absprache mit dem Personalrat folgende Fragen beantwortet werden:
Wie könnten Bedingungen geschaffen werden, um die eigenen Personalkapazitäten aufgabengerecht  auszustatten?

In welchen Bereichen gibt es  zu wenig Personal? Wie groß ist der jeweilige Bedarf? Wie könnte Abhilfe geschaffen werden?

Welche zusätzlichen Ausgaben wären angezeigt?

Welche Einsparungen – bisherige externe Vergaben – sind zu erwarten?

 

Begründung:

Bei den Planungen zum Ersatzneubau der Albert-Schäffle-Schule ist klar geworden, dass erhebliche Beträge für Projektsteuerung, Kontrolle und Abnahme vorgesehen sind. Diese Aufgaben sollen wegen mangelnder Personalkapazitäten im Hochbauamt extern vergeben werden. In den kommenden Jahren und vermutlich sogar Jahrzehnten stehen weitere große Hochbaumassnahmen an. Als LINKE-Fraktion meinen wir, dass es daher langfristig sinnvoller und kostengünstiger wäre, die Personalkapazitäten im Hochbauamt auszuweiten.

 

 


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