Hearing „Gutes Wohnen für Alle!“ der LINKEN in Mannheim

Einführung in das Hearing von Stadtrat Thomas Trüper:

Wohnen in begehrten Wohnlagen, in lebendigen Stadtteilen wird selbst für Normalverdiener/innen immer schwieriger, insbesondere bei anstehendem Wohnungswechsel. Es besteht die Gefahr der Verdrängung von weniger wohlhabenden Mietern in die Peripherie, letztlich Gentrifizierung, weitere Segregation der Stadtgesellschaft. Der Markt für bezahlbare Wohnungen wird enger, insbesondere in „normalen“ Stadtteilen. Diese bundesweite Tendenz holt Mannheim ein, wenngleich auch die Stadt nicht an der Spitze liegt: Die durchschnittliche Quadratmetermiete laut Mietspiegel liegt in Mannheim 2012 bei 6,26 Euro, laut Miet-Check Ende Februar bei 8,41 Euro. In der Bundesrepublik liegt der Mietspiegel-Durchschnitt bei 6,36 Euro, in Frankfurt/ Main bei 11,96 Euro, in München bei 13,15 Euro. Mannheim ist auch keine wachsende Stadt; Bevölkerungsbewegung im Jahr 2012 schloss mit einem negativen Saldo von 535. Lediglich der Außenwanderungssaldo ist mit 3.351 positiv. Die amtliche kleinräumige Bevölkerungsprognose 2030 geht von 293.361 Menschen mit Hauptwohnsitz aus, das würde gegenüber 2010 einen Schwund um 2,78 % bedeuten. Passen die Haushalte und die Wohnungen zusammen? Auf 174.920 Privathaushalte kommen 166.847 Wohnungen. Das ist rechnerisch eine Unterdeckung, die allerdings eher mit der Definition von „Haushalten“ zusammenhängt. Ein Nichtzusammenpassen ist jedoch schon bei Betrachtung der Haushaltsgrößen feststellbar: Ein-Person-Haushalte machen 52% aller Hausalte aus (91.584), jedoch gibt es lediglich 8.350 Ein-Raum- und 15.172 Zwei-Raum-Wohnungen. Viele Alleinstehende bewohnen somit größere Wohnungen, z.B. indem ältere Menschen nach Auszug der Kinder und Tod des Partners in der Familienwohnung bleiben. Drei- bis Vier-Zimmerwohnungen machen das Gros der vorhandenen Wohnungen aus. Den 5.518 Haushalten mit fünf und mehr Personen stehen 39.397 Wohnungen mit fünf und mehr Räumen gegenüber. Mit dieser rein rechnerischen Betrachtung ist noch nichts über Qualität, Preis, Lage, Umfeld, Ausstattung der Wohnungen (z.B. auch für besondere Lebenslagen) gesagt, nichts über die Wohnform und nichts über die Eigentümerschaft. In Mannheim leben nur 25% der Haushalte im Eigentum, 75% zur Miete. In unserem Fokus stehen die Menschen, die sich gutes Wohnen nicht einfach durch ihr überdurchschnittliches Einkommen verschaffen können: Normal- und Geringverdienende, TransferleistungsempfängerInnen. Ihre Probleme werden durch den fast vollständig freien Wohnungsmarkt verschärft statt gelöst. Segregation Wir beobachten ein zunehmendes Auseinanderdriften der Stadtgesellschaft. Preisgünstiges Wohnen gibt es bald nur noch in „einschlägigen“ Stadtbezirken. Das führt zur Ballung von gesellschaftlichen Problemlagen. Bestätigung findet dieser Eindruck durch eine Studie des difu-Instituts: „Segregation, Konzentration, Polarisierung – sozialräumliche Entwicklung in deutschen Städten 2007–2009“. An dieser Untersuchung nahmen 19 deutsche Städte teil, darunter auch Mannheim. Das Institut geht der Frage nach: Wie sehr weichen Stadtteile z.B. hinsichtlich Kinderarmut und Migrationsanteil vom gesamtstädtischen Durchschnitt ab? Hier muss man im Vergleich feststellen: Mannheim ist eine Stadt der Superlative. Kinderarmut: „In sechs Städten, Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Köln, Mannheim und Nürnberg ist die bereits recht ‚schmale Mitte‘ nochmals um 5 Prozent geringer ausgeprägt, wobei der niedrigste Wert in Mannheim mit 37,5% (…) vorzufinden ist.“ (S. 28) „Die Zahl der besser positionierten Stadtteile, welche sich zunehmend vom städtischen Durchschnitt entfernen, nimmt in diesen Städten zu. In Düsseldorf und Mannheim steigt gleichzeitig der Anteil der Stadtteile mit einer großen Distanz ‚oberhalb‘, also einer hohen ‚Kinderarmut‘.“ (S. 34) „Das geringste städtische Distanzmaß ist im Jahr 2009 in Karlsruhe mit 3,0 Prozent zu beobachten, das Größte hingegen in Mannheim mit 12,4 Prozent.“ (S. 35) Migration: „Bezogen auf das Jahr 2009 sind es nur sehr wenige Städte, in denen der Anteil an Stadtteilen mit einer großen Distanz („oberhalb“ oder „unterhalb“) niedrig ist. Dazu gehören vor allem Karlsruhe und Leipzig mit Werten von 2,9 Prozent bzw. 10,3 Prozent. Im Gegensatz dazu sind es Berlin, Köln, Mannheim, Nürnberg und Stuttgart jeweils 60 Prozent der Stadtteile, die eine große Distanz zum städtischen Mittelwert aufweisen. In Mannheim ist dieser Anteil mit 70 Prozent besonders hoch.“ (S. 36) Das difu zieht aus der festgestellten Polarisierung die Konsequenz: „Soziale, demografische und wirtschaftliche Entwicklungen sind gesamtstädtisch im Sinne einer solidarischen Politik für die Gesamtstadt zu steuern.“ Soll die immer noch zunehmende Polarisierung wirksam gebremst werden, muss bezahlbares Wohnen gezielt über die ganze Stadt hinweg ermöglicht werden, z.B. gerade auch auf den Konversionsflächen. Es müssen Konzepte entwickelt werden, wie besondere Bedürfnisse z.B. einer alternden Stadtgesellschaft (61.000 Personen über 65 Jahre) besser befriedigt werden können, Bedürfnisse einer Gesellschaft mit 40% migrationsbeeinflusster Bevölkerung. Es geht hier auch um die Entwicklung und Umsetzung „neuer Wohnformen“,z.B. bewusst generationsübergreifender und solidarischer Wohnformen.


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