Rede von Stadtrat Carsten Labudda (DIE LINKE) vom 30. März 2011 zum Haushalt der Stadt Weinheim

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Uns allen hier im Stadtrat ist klar, dass es um die finanzielle Lage Weinheims
schlecht bestellt ist. Bundes- und Landespolitik haben die Kommunen seit vielen
Jahren mit immer neuen Aufgaben belastet, ohne in ausreichendem Maße dafür zu
bezahlen. Es gilt, dass wer bestellt, auch bezahlt. Doch diese als Konnexitätsprinzip
bekannte Regel scheint im Umgang mit den Städten und Gemeinden nicht zu gelten.
DIE LINKE hat in diesem Hause schon im letzten Jahr gefordert, dass der Protest
gegen das Ausbluten der Kommunen deutlich vernehmbar sein muss. Darum
begrüßt es DIE LINKE sehr, dass die Stadt Weinheim sich an der Klage gegen das
Land Baden-Württemberg beteiligt, um hier auch rechtlich endlich Klarheit zu
schaffen.
Doch nicht alle Probleme unseres Haushaltes können wir Dritten anlasten. Auch
Verwaltung und Gemeinderat haben das Ihre zu dieser schlimmen Lage beigetragen.
So hat sich Weinheim mit zahlreichen Großprojekten offensichtlich überhoben. Dass
die Verwaltung nun einen Haushalt mit Rekordschulden vorschlägt, ist die Folge. Die
Zeche sollen nun die Bürgerinnen und Bürger unserer schönen Stadt zahlen. Schon
im letzten Jahr wurden die Gebühren angehoben, um 30.000 Euro zu kassieren. Die
Ausstattung der Schulen ist wieder mehr als knapp kalkuliert. Die Vereine mussten
massive Zuschusskürzungen verkraften. Diese Liste ist beliebig verlängerbar.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Sehr beliebt ist bei Ihnen der Ruf nach Kürzungen beim Personal unserer Stadt. Sie
wollen dafür auch weitere Leistungseinschränkungen hinnehmen. Welche das sein
sollen, dazu schweigen die meisten von Ihnen sich allerdings aus. Meine Damen und
Herren, Sie wissen nur zu genau, dass unsere Stadt seit 30 Jahren beim Personal
spart. Für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind massive Überstunden schon
längst nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel. Mit dem Ruf nach weiterem

Personalabbau gefährden Sie deshalb nicht nur die Qualität der städtischen
Leistungen, Sie spielen auch mit der Motivation und der Gesundheit unserer
Beschäftigten russisches Roulette. Seien Sie deshalb versichert – DIE LINKE wird
weiteren Kürzungen beim städtischen Personal widersprechen.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Meine Damen und Herren,
Der vorgelegte Haushaltsentwurf sieht eine massive Neuverschuldung vor. Sie
wissen, dass DIE LINKE nicht grundsätzlich gegen die Aufnahme von Krediten ist,
wenn sie in einem überschaubaren Rahmen und zu sinnvollen Zwecken geschieht.
Es bleibt aber nach wie vor unser Befremden, dass weder die Verwaltung noch die
übergroße Mehrheit des Gemeinderates bereit ist, zunächst auch die vorhandenen
Möglichkeiten zur Steigerung der städtischen Einnahmen konsequent zu nutzen. Im
letzten Jahr hieß es von Seiten der CDU-Fraktion: „Wir haben Krise, eine Anhebung
der Gewerbesteuer ist schlecht für die Wirtschaft.“ In diesem Jahr habe ich mir von
denselben Kolleginnen und Kollegen anhören dürfen: „Wir haben Aufschwung, eine
Anhebung der Gewerbesteuer ist schlecht für die Wirtschaft.“ So geht das nun schon
seit 30 Jahren. Da werden lokale IHK-Fürsten zitiert, die als Unternehmer-Lobbyisten
selbstverständlich vermeiden wollen, dass ihre Mitgliedsfirmen auch nur einen Cent
mehr für die öffentlichen Belange geben sollen. Wenn aber zugleich die
wissenschaftlichen Mitarbeiter des Deutschen Industrie- und Handelskammertages
herausfinden, dass die Höhe der Gewerbesteuer bei der Ansiedlung von neuen
Unternehmen eine absolut untergeordnete Rolle spielen, dann wird das von Ihnen
konsequent ignoriert.
Nein, meine Damen und Herren, es kann nicht so weiter gehen, dass immer nur
Arbeitnehmer, Rentner und Erwerbslose draufzahlen müssen, während Sie die
Unternehmer hätscheln und tätscheln, als wären diese es, die in unserem Land am
finanziellen Krückstock gehen.
Auch die Unternehmer müssen ihren Teil beitragen, um unser Gemeinwesen wieder
auf die Beine zu bringen. Dabei ist die Gewerbesteuer auf der kommunalen Ebene
das wichtigste Element, sowohl vom Umfang der Einnahmen als auch von der
Verteilung der Lasten. Sie wissen genau, dass kleine Unternehmen mit einem
Jahresgewinn bis 24.500 Euro von dieser Steuer befreit sind. Und Sie wissen genau,
dass Personengesellschaften diese Steuer im von der LINKEN vorgeschlagenen
Umfang komplett auf ihre Einkommenssteuer anrechnen können, womit wenigstens
ein Teil der Belastungen von der Stadt an den Bund zurück gegeben wird.
Wir haben Ihnen auch das Volumen vorgerechnet. Nach den vor wenigen Wochen
korrigierten Zahlen der Kämmerei geht es hier um nicht weniger als 1.551.000 Euro,
die den absolut klammen Kassen unserer Stadt durch die Lappen gehen, wenn Sie
ihre Ablehnung unseres Antrages weiterhin aufrecht erhalten sollten. Meine Damen
und Herren, Weinheim ist nicht in der Position, auf dieses Geld zu verzichten.
Nicht anders sieht es im Übrigen mit der Kulturabgabe auf Hotelübernachtungen mit
500.000 Euro und der Zweitwohnsitzsteuer mit 130.000 Euro Mehreinnahmen aus,
nur um Sie daran zu erinnern.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
DIE LINKE hat Anträge gestellt, welche die Einnahmen der Stadt Weinheim um
2.181.000 Euro verbessern würden. Sie wollen das nicht. Sie treiben unsere schöne
Stadt lieber weiter in die Schuldenfalle, und das nur, um Ihre gut verdienende Klientel
nicht zu verprellen. Wir sind jedoch nicht gewählt worden, um Klientelpolitik zu
Gunsten der Bessergestellten zu machen. Wir sind gewählt worden, um die Stadt
Weinheim voran zu bringen.

Meine Damen und Herren,
Gemessen an den vorgeschlagenen Mehreinnahmen nehmen sich unsere Wünsche
für das Haushaltsjahr wirklich bescheiden aus. So hat DIE LINKE bereits im letzten
Jahr moniert, dass die Schülerbeförderung von Oberflockenbach zum Dietrich-
Bonhoeffer-Schulzentrum über Großsachsen nicht sicher ist, denn die beiden Busse
sind übervoll. Auch in diesem Jahr beantragen wir deshalb, dass die Stadt sich um
die Einrichtung eines dritten Schulbusses kümmert. Das ist mit 70.000 Euro zu
bewerkstelligen. Im letzten Jahr war es Ihnen möglich, außerplanmäßig 80.000 Euro
auszugeben, um die Räumlichkeiten in der Werderstraße hübsch zu renovieren.
Dafür ist Geld da. Aber wenn es um die sichere Beförderung unserer Kinder geht,
dann heißt es von Ihnen: Wir haben nichts. Wie wollen Sie das den Schülerinnen und
Schülern und ihren Eltern erklären?
Und das ist ja noch nicht alles. Bereits im letzten Jahr hat der Gesamtelternbeirat
angemahnt, dass unsere Weinheimer Schulen im Landesvergleich
unterdurchschnittlich gut ausgestattet sind. In diesem Jahr nun wollen Sie dafür
wieder weniger Geld in die Hand nehmen. Es geht hier aus Sicht der LINKEN um
83.300 Euro, die im Vergleich zum Vorjahr nicht gekürzt werden sollen. Im Vergleich
zu unseren Vorschlägen für Mehreinnahmen ist das nun wirklich mehr als
bescheiden.

Meine Damen und Herren,
Die Pappelallee ist der zentrale Auto-Zubringer der Weststadt aus Richtung
Autobahn. Viele Autofahrer fühlen sich hier offenbar durch die gerade Strecke und
die weiten Sichtachsen zum Überschreiten der Geschwindigkeitsbegrenzung
ermuntert. Da der Fußgängerübergang in Höhe des Erlenweges zugleich Teil des
Schulweges für viele Kinder ist, sollte der Stadt an einer Entschärfung dieser Raser-
Strecke gelegen sein. DIE LINKE hat hierzu auch verschiedene Anbieter kontaktiert
mit der Bitte um Informationen zu den Kosten und Modalitäten. So bietet die Firma
Jenoptik Komplettanlagen mit Rotlichtüberwachung und Geschwindigkeitsmessung
für 60.000 Euro an. Zur Erhöhung der Sicherheit und die Verringerung der
Lärmbelastung in der Pappelallee sollte diese Maßnahme umgesetzt werden.
Weiterhin möchte ich an ein Thema erinnern, welches meinem Eindruck nach in
diesem Hause nicht gern gehört wird. Die Bürgerinnen und Bürger in
Oberflockenbach warten seit über 40 Jahren auf die Einlösung eines Versprechens:
die neue Mehrzweckhalle. DIE LINKE ist sich bewusst, dass diese Maßnahme nicht
ad hoc umgesetzt werden kann. Es ist aber auch bekannt, dass Projekte, die einmal

aus der Planung fallen, nur sehr schwer wieder dort hinein zu bringen sind. Aus
diesem Grund beantragt DIE LINKE, dass eine Planungsrate von 50.000 Euro bereit
gestellt wird, damit die Eichelberghalle nicht im (angeblich vorläufigen) Nichts
versinkt.
Meine Damen und Herren,
Zum Schluss hat DIE LINKE noch einen Antrag, der aufgrund seines geringen
Finanzvolumens eigentlich wenig Sorgen machen sollte. Ein großes Problem der
Bürgerinnen und Bürger in der Nordstadt ist der Umstand, dass insbesondere an
Freitagen das Gebiet rund um die Moschee von vielen Gästen zugeparkt wird. Der
Moschee-Verein hat darauf reagiert und setzt Parkplatz-Einweiser zur Verringerung
der Parkbelastung ein. Zusätzlich sollte die Stadt an der Einfahrt zur Langmaas-
Brücke auch ein Verkehrsschild aufstellen, welches den Gästen der Moschee den
Weg zum Parkplatz auf der anderen Seite der Brücke weist. Da die Kosten für die
Herstellung und Montage eines Schildes sich auf 120 bis 150 Euro belaufen, sollten
ein Parkplatzschild und ein dazu gehöriges Hinweisschild für rund 300 Euro zu
haben sein. Eine weitere Beruhigung der Parksituation in der Nordstadt kann
schließlich nur im Interesse aller – der Anwohner, des Moschee-Vereins und der
Stadt – sein.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Die Anträge der LINKEN haben Sie nun gehört. Dies sind ein dritter Schulbus von
Oberflockenbach, die Rücknahme der Kürzungen bei den Schuletats, ein Blitzer für
die Pappel-Allee, eine Planungsrate für die Eichelberghalle und ein Parkplatz-
Wegweiser an der Moschee in der Nordstadt. Damit verbunden sind Kosten in Höhe
von 263.300 Euro.
Zugleich schlägt DIE LINKE mit der Erhöhung der Gewerbesteuer, der Einführung
einer Kulturabgabe auf Hotelübernachtungen und der Einführung einer
Zweitwohnsitzsteuer nach Schriesheimer Vorbild Einnahmeverbesserungen in Höhe
von 2.181.000 Euro vor.
Bleibt nach Vorstellung der LINKEN ein Verbesserung der Haushaltslage um
1.917.700 Euro gegenüber dem von der Verwaltung vorgelegten Haushaltsentwurf.
Damit trägt DIE LINKE ihren Teil zur Konsolidierung unserer städtischen Finanzen
bei und bietet dennoch Verbesserungen an verschiedenen Brennpunkten Weinheims
an.
Deshalb hoffe ich sehr, dass Sie ihre bislang ablehnende Haltung heute aufgeben
und unseren Anträgen folgen.
Ohne diese deutlichen Verbesserungen, die wir hier und heute vertreten, können wir
jedoch dem Haushaltsplan für 2011 unsere Zustimmung nicht geben.
Vielen Dank.


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