Schulverpflegung – Qualität und Kontrolle nicht ausreichend

04. März 2012  Anfrage, Gemeinderäte, Gesundheit

Die Antwort der Stadt Karlsruhe auf die Anfrage zur Schulverpflegung weist auf einige Probleme hin. Da, wo die Stadt zu Mittagessensangeboten verpflichtet ist, muss sie öffentlich ausschreiben. Die Stadt verpflichtet dabei die Anbieter auf die Qualitätskriterien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Bei öffentlichen Ausschreibungen entscheidet aber dann maßgeblich der Angebots-PREIS, Großanbietern mit cook & chill kommt das entgegen …

An Schulen, wo Schulmittagessen keine Pflicht ist, sondern freiwillig angeboten wird, können diese Schulen zwar selbst und ohne Ausschreibung entscheiden, welche Firmen oder Träger das Mittagessen anbieten. Laut Stadtverwaltung verpflichten sie derzeit die Anbieter derzeit aber nicht verbindlich auf die Qualitätskriterien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Es besteht also noch einiger Regelungsbedarf, angefangen von den Vergaberegeln bis hin zu einheitlichen, anspruchsvollen und verbindlichen Qualitätsnormen. Dass das Schulmittagessen grundsätzlich kostenlos sein muss, ist noch eine ganz andere Baustelle. (d.e.)

STELLUNGNAHME der Karlsruher Stadtverwaltung zur Anfrage:

Schulverpflegung – Grundstein für gesundheitliche Entwicklung und Leistungsfähigkeit

1. Teilt die Stadtverwaltung die Auffassung, dass die an den Karlsruher Schulen
angebotene Verpflegung angesichts sich verlängernder Schulzeiten einen immer
höheren Stellenwert im Hinblick auf die gesundheitliche Entwicklung und die Leistungsfähigkeit
(Aufmerksamkeit, Konzentration usw.) der Kinder und Jugendlichen
hat?

Die Verpflegung an Schulen hat einen hohen Stellenwert im Schulalltag.

2. An welchen Standards ist die Schulverpflegung an den Karlsruher Schulen ausgerichtet
a) Mittagessen?
b) sonstige Verpflegung?

Die Mittagsverpflegung ist an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung
(DGE) ausgerichtet.
Das Sortiment des Hausmeisterverkaufs beschließen die schulischen Gremien.

3. Welche Schulen in Karlsruhe erfüllen dabei die Standards der Deutschen Gesellschaft
für Ernährung (in Prozent)?
Im Hinblick auf die im Leistungsverzeichnis geforderte Qualität orientiert sich das Schulund
Sportamt an den in den Qualitätsstandards für Schulverpflegung fixierten Empfehlungen
der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Die Erfüllung dieser Qualitätskriterien
wird in dem Leistungsverzeichnis verbindlich gefordert. Angebote, die diese Forderung
nicht erfüllen, erreichen nicht die Wertungsphase.

4. Welche Schulen erfüllen sie nicht (in Prozent), und wie wird nach einer entsprechenden
Feststellung dann vorgegangen?

Mittagsverpflegungsangebote gibt es aktuell an 50 von 75 allgemein bildenden Schulen
und Schulkindergärten in Trägerschaft der Stadt Karlsruhe.

An 24 dieser Schulen und Schulkindergärten organisiert das Schul- und Sportamt die Mittagsverpflegung.
Bei diesen Schulen handelt es sich in erster Linie um die 12 vom Land
anerkannten Ganztagsschulen, an denen ein warmes Mittagessen angeboten werden
muss. Darüber hinaus organisiert das Schul- und Sportamt die Mittagsverpflegung an aktuell
sechs Gymnasien, vier Grundschulen im Rahmen der Ergänzenden Betreuung und
zwei Schulkindergärten. Die Empfehlungen der DGE werden an allen 24 Schulen erfüllt.

Freiwillige, für Schülerinnen und Schüler nicht verpflichtende Mittagessenangebote werden
an 26 weiteren Schulen von anderen Trägern (z. B. Kinder-Stadtkirche, Elterninitiativen,
Sozial- und Jugendbehörde, Stadtjugendausschuss) organisiert. Die Kriterien für die
Auswahl der Lieferanten legen die jeweiligen Träger des Mittagsverpflegungsangebots
fest. Nach den vorliegenden Informationen verlangen diese keine verbindliche Orientierung
an den Qualitätsstandards für Schulverpflegung der DGE.

5. Wie wird die Qualität (entsprechend den Standards der Deutschen Gesellschaft
für Ernährung) der an den Schulen angebotenen Verpflegung überwacht – bitte je
getrennt nach A) Mittagessen, B) sonstige Angebote

a) in welchen Zeitabständen?
b) von wem?
c) Wie werden die Ergebnisse mit den Schulen bzw. Anbietern kommuniziert?

zu a und b:
Im Rahmen der Ausschreibung, die in der Regel im Abstand von vier Jahren durchgeführt
wird, prüft eine externe Fachkraft die geforderte Qualität. Diese arbeitet als Praxisbegleiterin
für die Vernetzungsstelle Schulverpflegung Baden-Württemberg, die das zu diesem
Thema vorhandene Fachwissen der unterschiedlichen Akteure und Bereiche bündelt. Sie
ist angesiedelt bei der Sektion Baden-Württemberg der Deutschen Gesellschaft für Ernährung
e. V. und wird durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie durch das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
Baden-Württemberg und die Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg gefördert.

zu c:
Da eine direkte Beteiligung der Schulen am Prozess erfahrungsgemäß zu einer größeren
Akzeptanz der Schulverpflegung führt, nutzt das Schul- und Sportamt die im Hinblick auf
das Vergaberecht nur in begrenztem Maß gegebenen Gestaltungsfreiräume zu Gunsten
der Schulen maximal aus und beteiligt die Schulen in verschiedenen Phasen am Prozess.

Eine erste direkte Beteiligung der Schule erfolgt zu Beginn des Ausschreibungsprozesses
bei der Erstellung des Leistungsverzeichnisses. Das Schul- und Sportamt entwirft das
Leistungsverzeichnis auf Grundlage der aktuellen Gegebenheiten und den Anforderungen
der Schule. Dieser Entwurf wird der Schulleitung mit der Bitte zugeleitet, das Leistungsverzeichnis
mit einem „Team Schulverpflegung“ (bestehend z. B. aus Schülerinnen und
Schülern, Bediensteten der Schule, Eltern) der Schule zu prüfen und Änderungswünsche
an das Schul- und Sportamt zurückzumelden.

Soweit rechtlich möglich und vertretbar,
werden die Wünsche der Schule in das Leistungsverzeichnis aufgenommen.

Ein weiteres Mal wird das Schulteam im Rahmen des Probeessens unmittelbar in den
Ausschreibungs- und Vergabeprozess eingebunden. Ein von der Schule zusammengesSeite
telltes Team (z. B. Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte bzw. Bedienstete der Schule,
Eltern) bewertet dabei, inwieweit die angebotene Schulverpflegung der einzelnen Anbieter
den individuellen Wünschen der einzelnen Schulen entspricht.

Die Qualitätsbewertung im Probeessen bezieht sich folglich auf die sensorische Akzeptanz der Speisen durch die Vertreter der beteiligten Schulen. Um den Schulen eine echte Beteiligung am Entscheidungsprozess einzuräumen, wird die Bewertung des Probeessens – neben dem Preis
(70 %) – zu 30 % in die Entscheidung für den zukünftigen Lieferanten einbezogen.

6. Wie wird die an den Schulen in Karlsruhe angebotene Verpflegung insgesamt im
Hinblick auf gesundheitliche Ausgewogenheit, Geschmack und Attraktivität organisiert?

Die Beschreibung der geforderten Leistung ist ein komplexer Vorgang, da die zahlreichen
Akteure rund um die Schulverpflegung unterschiedliche Erwartungen und Ansprüche an
die Verpflegung haben. Da eine direkte Beteiligung der Schulen am Prozess erfahrungsgemäß
zu einer größeren Akzeptanz der Schulverpflegung führt, beteiligt das Schul- und
Sportamt die Schulen in verschiedenen Phasen der Ausschreibung am Prozess (siehe
Punkt 5 c).

Mit der fachlichen, d. h. ernährungswissenschaftlichen Bewertung wird eine externe
Oecotrophologin beauftragt (siehe Punkt 5 a und b).

7. An welchen Karlsruher Schulen gibt es dafür eine entsprechend qualifizierte
Fachkraft?

8. Hält es die Stadtverwaltung für sinnvoll, an jeder Karlsruher Schule, an der warme
(Mittagessen) und kalte Verpflegung angeboten wird, eine entsprechend qualifizierte
Fachkraft für die Organisation einer ausgewogenen Gesamtverpflegung einzusetzen?

zu 7 und 8:
Die Praxisbegleiter der Vernetzungsstelle Schulverpflegung stehen bei Bedarf jederzeit für
diese Aufgabe zur Verfügung. Dies ist nach Ansicht der Verwaltung ausreichend (siehe
auch Punkt 5 a und b).

9. Hält es die Stadtverwaltung für sinnvoll, das Angebot der jeweiligen Schulverpflegung
in Unterrichtsmodule dieser Schule für gesunde Ernährung mit aufzunehmen?

Die inhaltliche Ausgestaltung des Unterrichts fällt nicht in den Aufgabenbereich des Schulträgers.

10. Inwieweit können sich Eltern an den Schulen in Karlsruhe mit Vorschlägen, Kritik
in Bezug auf die angebotene Schulverpflegung mit einbringen?

a) Hält die Stadtverwaltung dies für ausreichend?
b) Welche Bestrebungen seitens der Elternschaft gibt es bisher, am Verpflegungsangebot
in den Schulen mitzuwirken?

Als öffentlicher Auftraggeber ist die Stadt Karlsruhe verpflichtet, benötigte Leistungen öffentlich
auszuschreiben. Das Ausschreibungsverfahren ist ein formales Verfahren, bei
dem das Vergaberecht zwingend angewendet werden muss. Das Vergaberecht lässt nur
in begrenztem Maß Gestaltungsfreiräume offen. Diese werden zu Gunsten der Schulen
maximal ausgenutzt (siehe auch Punkt 5 c).

Mit der nachfolgenden Passage im Leistungsverzeichnis für Schulverpflegung wird eine
kontinuierliche Rückkopplung zwischen Schule und Lieferant auch nach Vertragsabschluss
gefordert:

„Der Auftragnehmer hat in seinem Unternehmen ein Beschwerdemanagement installiert,
in dem der Umgang mit Reklamationen systematisch und zielorientiert geregelt ist. Nach
Zuschlagserteilung benennt er aus seinem Unternehmen einen festen Ansprechpartner,
der vom Auftraggeber und von den Schulen nicht nur in Beschwerdefällen kontaktiert werden
kann. Der Ansprechpartner sollte sich ebenso wie der Auftraggeber bzw. die Schulen
aktiv um einen konstruktiven Dialog bemühen. Er sollte die Besonderheiten der einzelnen
Schulen kennen. Turnusmäßige Besuche vor Ort müssen während der Schulzeiten monatlich
erfolgen. Dem Auftraggeber ist dies in geeigneter Weise zu belegen.
Der Ansprechpartner erklärt sich ebenfalls bereit, mindestens viermal jährlich an Qualitätszirkeln
(Mensaausschuss) der Schulen teilzunehmen.

Schriftliche Umfragen zur Zufriedenheit der Schülerinnen und Schüler mit dem Speisenangebot
sollen mindestens einmal in jedem Schulhalbjahr durchgeführt werden.“

11. Hält es die Stadtverwaltung für sinnvoll, das Angebot gesundheitsschädlich
überzuckerter Getränke (Automaten) an den Schulen in Karlsruhe zu reduzieren,
dafür attraktive Wasserspender einzurichten und dies an den Schulen mit entsprechender
Werbung bzw. Thematisierung in entsprechenden Unterrichtseinheiten zu
verbinden?

Die Verwaltung stattet – mit Unterstützung durch die Stadtwerke Karlsruhe – seit 2009 sukzessive
alle Schulen mit Ganztagsbetrieb mit Trinkwassersprudlern aus.

Die inhaltliche Ausgestaltung des Unterrichts fällt nicht in den Aufgabenbereich des Schulträgers

Stadtrat Niko Fostiropoulos (Die Linke)
Stadträtin Sabine Zürn (Die Linke)


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