Wir sind keine Geheimräte!

Gerlinde Strasdeit, Stadträtin der Tübinger Linken;
Mittwochspalte im Schwäbischen Tagblatt vom 4. April 2012

Die Tübinger Musikschule e.V. ist keine betriebsratsfreie Zone. Vorstand Eugen Höschele und OB Boris Palmer hätten sich das Geld für Klageverfahren der Beschäftigten vor dem Arbeitsgericht Reutlingen sparen können. Die bisherige Leiterin war nicht darauf geeicht, die Rechte von Mitarbeiterinnen zu achten. Das gehört aber zum Geschäft und das sollte bei der zukünftigen Leitungsauswahl beachtet werden. Wenn man die Beschäftigten dort in solche mit und in solche ohne tarifvertragliche Rechte einteilt, muss das zum Personalchaos führen. Die CDU-Schulpolitik hat über Jahre hinweg die Musik aus dem regulären Schulunterricht gedrängt. Das kann jetzt korrigiert werden. Musikunterricht gehört in moderne Ganztagsschulen und deshalb auch zum Öffentlichen Dienst mit guten Arbeitsverhältnissen. Wären die Probleme in der Musikschule nicht unter den Teppich gekehrt worden, hätte man viel Stress vermieden.

Mehr Transparenz fordern die Grünen immer nur im Kreistag, wo sie in der Minderheit sind. Im Tübinger Rathaus verlangen dieselben Grünen zu allem und jedem Verschwiegenheit. Die Verwaltungsspitze hat jetzt verschärfte Geheimhaltungsregeln ausgegeben. Das Prinzip: Der Maulkorb für Ratsmitglieder besteht immer solange, bis sich seine Exzellenz der Oberbürgermeister öffentlich durch eine „konkludente Handlung“ geäußert hat.

Aus der Vorlage 87/12 geht hervor, dass schon das Ausplaudern von Abstimmungsergebnissen wie Hochverrat behandelt wird. Wo leben wir denn? Datenschutz und Persönlichkeitsrechte sind selbstverständlich einzuhalten; ansonsten sind wir Stadträte aber doch keine Geheimräte. Gläsernes Rathaus ist für uns Linke Programm. Wir wollen, dass den Bürgern in den Kommunen umfassende Rechte auf Information zu allen Vorgängen in den Rathäusern zustehen.

Mehr Offenheit bräuchten wir auch zur Tübinger Beteiligung am Kohlekraftwerk in Brunsbüttel. Schon vor zwei Jahren forderten wir den Ausstieg, um weitere Verluste zu vermeiden. Außer Südweststrom sind alle abgesprungen, zuletzt der Schweizer Energieversorger Repower. Unser Stadtoberhaupt wird überregional zu Südweststrom zitiert und attestiert die Perspektivlosigkeit neuer Kohlekraftwerke. Warum spielt er in Tübingen nicht mit offenen Karten? Da werden Millionen in den Elbsand gesetzt und bei den Beschäftigten knausert man um jeden Cent.


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